Das Beschwerdegericht meint, die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV sei anteilig um die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG zu kürzen. Das folge aus dem Wortlaut der Vorbem. 3 Abs. 4 VV und entspreche der inzwischen gefestigten Rspr. des BGH. Die am 5.8.2009 in Kraft getretene Vorschrift des § 15a RVG rechtfertige keine andere Beurteilung der Rechtslage, weil in diesem Zeitpunkt die Beklagte ihren Prozessbevollmächtigten den unbedingten Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit bereits erteilt gehabt habe und deshalb die Vergütung nach dem bisher geltenden Recht zu berechnen sei. Eine Anwendung der Regelung in § 15a Abs. 2 RVG auf Altfälle sei nicht gerechtfertigt.
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie hat in der Sache Erfolg.
2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts entspricht der Rspr. des BGH bis zur Einführung des § 15a RVG, nach der die Verfahrensgebühr gegen den Prozessgegner nur gekürzt um den nach der Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnenden Teil der Geschäftsgebühr festgesetzt werden kann (Beschl. v. 22.1.2008 – VIII ZR 57/07, NJW 2008, 1323; Beschl. v. 20.4.2008 – III ZB 8/08, NJW-RR 2008, 1095; Beschl. v. 3.6.2008 – VI ZB 55/07, NJW-RR 2008, 1528; Beschl. v. 16.7.2008 – IV ZB 24/07, JurBüro 2008, 529 f.; Beschl. v. 14.8.2008 – I ZB 103/07, AGS 2008, 574; Beschl. v. 25.9.2008 – VII ZB 93/07, RVGreport 2008, 468). Nach dem Inkrafttreten des § 15a RVG, wonach sich ein Dritter nur unter bestimmten Voraussetzungen auf die Anrechnung berufen kann, haben sich die bisher befassten Senate des BGH auf den Standpunkt gestellt, dass die Regelung in § 15a RVG die bisherige Rechtslage nicht geändert hat, sondern sie lediglich klarstellt (Beschl. v. 2.9.2009 – II ZB 35/07, NJW 2009, 3101; Beschl. v. 9.12.2009 – XII ZB 175/07, NJW 2010, 1375; Beschl. v. 3.2.2010 – XII ZB 177/09, AGS 2010, 106; Beschl. v. 11.3.2010 – IX ZB 82/08, AGS 2010, 159; Beschl. v. 31.3.2010 – XII ZB 230/09). Dieser Rspr. schließt sich der erkennende Senat an. Die Erwägungen des Berufungsgerichts zu den Aufgaben des Gesetzgebers bei der Schaffung einer neuen Rechtsnorm, zur Auslegung der Vorschrift des § 15a RVG und zum Willen des Gesetzgebers sind in dem Beschl. des BGH v. 9.12.2009 erörtert und für nicht durchgreifend erachtet worden (XII ZB 157/07, NJW 2010, 1375). Dem ist nichts hinzuzufügen. Auch für Altfälle – wie hier – gilt somit, dass die Anrechnung nach der Vorbem. 3 Abs. 4 VV grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen dem Prozessbevollmächtigten und seinem Mandanten betrifft und sich deshalb im Verhältnis zu Dritten, also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht auswirkt (Senat, Beschl. v. 29.4.2010 – V ZB 38/10).
Da ein Ausnahmefall nach § 15a Abs. 2 RVG nicht vorliegt, hat das Beschwerdegericht die von der Beklagten geltend gemachte Verfahrensgebühr zu Unrecht gekürzt. Die angefochtene Entscheidung ist deshalb aufzuheben und die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG zurückzuweisen.
3. Obwohl der Senat von der zitierten Rspr. des I., III., IV., VI., VII. und VIII. Zivilsenats abweicht, bedarf es keiner Anrufung des Großen Senats für Zivilsachen. Denn die Abweichung ist die Folge einer gesetzlichen Klärung und setzt deshalb keine Entscheidung des Großen Senats voraus (BGH, Beschl. v. 11.3.2010 – IX ZB 82/08).
Mitgeteilt von Reg.Dir. a.D. Heinrich Hellstab, Berlin