ZPO §§ 91 ff., 254
Leitsatz
Bei übereinstimmender Erledigungserklärung der dritten Stufe einer Stufenklage nach negativer Auskunft während des Prozesses kann der Beklagte dem Kläger nur bei einer völlig überhöhten Wertangabe zu Prozessbeginn einen Mitverschuldenseinwand an der Entstehung zu hoher Prozesskosten entgegenhalten.
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 16.6.2010–5 W 116/10
Sachverhalt
Der Kläger verlangte als Sohn der am 29.3.2008 verstorbenen J. Z. von seinen Geschwistern und Erben im Wege der Stufenklage Auskunft über den Nachlass, Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und Zahlung. Nachdem die Beklagten im Prozess eine negative Auskunft erteilt haben, haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt und streiten nun um die Verpflichtung, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Nach dem Todes des Vaters der Parteien und Ehemannes der Erblasserin übertrugen die Erblasserin und die Beklagten das Elternhaus der Parteien auf den Kläger. Die Erblasserin erhielt ein lebenslängliches, unentgeltliches Wohnrecht an der Erdgeschosswohnung. Der Kläger bewohnte mit seiner Familie den ersten Stock. Nach einiger Zeit kam es zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und der Erblasserin. Außerdem stritten beide um Nebenkosten. Der Kläger und die Erblasserin einigten sich im Notarvertrag vom 27.2.2004 darauf, dass die Erblasserin das Hausanwesen zurück erwerben sollte . Nach dem Auszug des Klägers im März 2004 bestand kein Kontakt mehr zwischen ihm und der Erblasserin. Die Erblasserin enterbte den Kläger mit Testament vom 2.11.2006 und entzog ihm den Pflichtteil.
Nach ihrem Tode am 29.3.2008 forderte der Kläger die Beklagten mit Anwaltsschreiben auf, Auskunft über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines Nachlassverzeichnisses zu erteilen. Die Beklagten lehnten dies mit Anwaltsschreiben wegen der Pflichtteilsentziehung ab.
In der am 6.10.2008 beim LG erhobenen Stufenklage gab der Kläger als geschätzten Streitwert 7.000,00 EUR an. Während des Rechtsstreits erteilten die Beklagten Auskunft. Danach waren beim Erbfall rund 2.700,00 EUR Kontenguthaben vorhanden, aber höhere Verbindlichkeiten. Das Hausanwesen war bereits am 27.2.2004 an die Beklagten veräußert worden. Der Kaufpreis war dadurch erbracht worden, dass die Beklagten die Erblasserin von ihrer Verpflichtung aus dem Notarvertrag gegenüber dem Kläger freigestellt hatten.
Daraufhin erklärte der Kläger die Hauptsache insgesamt für erledigt. Die Beklagten schlossen sich der Erledigungserklärung an.
Durch Beschluss legte das LG den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auf. Gegen diesen Beschluss haben diese sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen, hilfsweise die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Der Kläger hat sich dagegen gewandt.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Auch vor dem OLG blieb die Beschwerde ohne Erfolg.
Aus den Gründen
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits insgesamt auferlegt.
Entscheidungsmaßstab im Rahmen der nach § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO zu treffenden Kostenentscheidung ist der voraussichtliche Ausgang des Rechtsstreits, wenn die Hauptsache nicht erledigt oder nicht für erledigt erklärt worden wäre (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 91a Rn 47; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 91a Rn 24). Es hat somit derjenige die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, dem sie auch nach den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der ZPO (§§ 91–97, 100, 101) aufzuerlegen gewesen wären. Allerdings kann auch ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch berücksichtigt werden, wenn er sich ohne Schwierigkeiten, insbesondere ohne Beweisaufnahme feststellen lässt (BGH, Urt. v. 22.11.2001 – VII ZR 405/00, NJW 2002, 680 [= AGS 2002, 98]).
Bei der Kostenentscheidung ist auf jede einzelne Stufe abzustellen, obwohl die Kosten nach § 44 GKG und § 23 Abs. 1 RVG nur aus dem höchsten Wert, hier dem Leistungsantrag in Höhe von 7.000,00 EUR, berechnet werden und die jeweiligen Anwaltsgebühren für alle Stufen nur einmal anfallen (Foerste, in: Musielak, ZPO, 6. Aufl., § 254 Rn 9 und 10). Auch findet wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung nur eine Gesamtkostenverteilung in der abschließenden Entscheidung statt. Es ist aber kalkulatorisch jede einzelne Stufe gesondert zu betrachten, damit das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen richtig erfasst werden kann (Rixecker, Die Erledigung im Verfahren der Stufenklage, MDR 1985, 633; Becker-Eberhard, in: MünchKomm (ZPO), 3. Aufl., § 254 Rn 32).
Nach diesen Grundsätzen tragen die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits, weil sie in der Auskunftsstufe ohne Erledigungserklärung unterlegen gewesen wären und dem Kläger in Höhe seiner unnötigen Prozesskosten aufgrund der erhobenen Stufenklage ein Verzugsschadensersatzanspruch gegen die Beklagten zusteht.
a) Der Kläger hatte als Pflichtteilsberechtigter einen Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB. Eine wirksame Pfl...