Eine Entscheidung, die lückenhaft und teilweise unrichtig ist:
1. Geltend gemacht werden vorgerichtliche Anwaltskosten für
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eine dreigliedrige Gegendarstellung v. 31.3.2008 (Wert 25.000,00 EUR), |
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eine eingliedrige Gegendarstellung v. 10.4.2008 (Wert 12.000,00 EUR) und |
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ein Unterlassungsbegehren ohne nähere Datumsangabe (Wert 25.000,00 EUR). |
Der VI. Zivilsenat ist der Auffassung, dass es sich hier um dieselbe Angelegenheit handelt, rechnet die Gegenstandswerte zusammen und kommt auf einen Gesamtgegenstandswert von 62.000,00 EUR.
Die Auffassung, dass es sich um dieselbe Angelegenheit handelt, steht im Widerspruch zur Entscheidung des gleichen Senates. Sehr ausführlich wird dort dargelegt, dass der Anspruch auf Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegenüber dem Gegendarstellungs- und Berichtigungsbegehren dem Wesen nach verschieden ist. Eine Erwähnung dieser Entscheidung oder gar eine Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung findet nicht statt.
2. Erstaunlich ist sodann, dass der Senat von einer Anrechenbarkeit der halben in den Einstweiligen Verfügungsverfahren entstandenen Verfahrensgebühren auf die vorliegend geltend gemachte vorgerichtliche Geschäftsgebühr ausgeht, denn nach h. Rspr. findet eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr im Eilverfahren nicht statt.
Die Anrechnung erfolgt grundsätzlich nur mit den im Hauptverfahren entstehenden Gebühren.
Hier ist aber der Sonderfall presserechtlicher Gerichtsverfahren zu beachten, presserechtliche Ansprüche können nur im Wege einer einstweiligen Verfügung verfolgt werden, vgl. z.B. § 11 Abs. 6 Pressegesetz BW oder § 10 Abs. 6 Pressegesetz Berlin.
Diese Sonderkonstellation führt zur Anrechenbarkeit.
Um Verwirrung zu vermeiden, wäre ein entsprechender Hinweis sicherlich ganz nützlich gewesen.
3. Die Einstweiligen Verfügungsverfahren wurden mit EUR 12.000,00 EUR bzw. 8.000,00 EUR angesetzt.
Das führt zu folgender Rechnung:
Einstweiliges Verfügungsverfahren 1, Wert: 12.000,00 EUR
1,3-Verfahrensgebühr 3100 VV |
683,80 EUR |
hiervon zieht der Senat die 0,65-Geschäftsgebühr ab |
-341,90 EUR |
Einstweiliges Verfügungsverfahren 2, Wert: 8.000,00 EUR
1,3 Verfahrensgebühr 3100 VV |
535,60 EUR |
hiervon zieht der Senat die 0,65-Geschäftsgebühr ab, 2300 VV |
-267,80 EUR |
Die Addition der beiden Anrechnungsbeträge beträgt 609,70 EUR.
Aus dem vorgerichtlichen Gesamtgegenstandswert gem. § 15 Abs. 2 RVG von 62.000,00 EUR ergab sich:
1,3-Geschäftsgebühr 2300 VV |
1.459,90 EUR |
mit anrechenbar ist hiervon höchstens die Hälfte, also |
-729,95 EUR |
während aus den beiden verfahrensmäßigen Gegenstandswerten von 12.000,00 EUR und 8.000,00 EUR schon angerechnet wurden |
609,70 EUR |
Schon ein weiteres Verfahren mit einem Wert von 3.000,00 EUR würde bei der vom Senat vorgenommenen Anrechnung den Betrag von 729,95 EUR für alle Anrechnungsbeträge überschreiten.
Da ist der Anrechnungsmethode des OLG Koblenz der Vorzug zu geben, in der eine Anrechnung im Verhältnis der Werte erfolgt.
Dies würde zu folgendem Ergebnis führen:
Verfügungsverfahren 1, Wert 12.000,00 EUR
1,3-Verfahrensgebühr 3100 VV |
683,80 EUR |
abzüglich anteiliger 0,65-Geschäftsgebühr 2300 VV |
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(gequotelt 12/62 : 2 von 1.459,90 EUR) |
-141,28 EUR |
Verfügungsverfahren 2, Wert 8.000,00 EUR
1,3-Verfahrensgebühr 3100 VV |
535,60 EUR |
abzüglich anteilige 0,65 Geschäftsgebühr 2300 VV |
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(gequotelt 8/62 : 2 von EUR 1.459,90 EUR) |
-94,19 EUR |
Der Vorteil dieser Anrechnungsmethode bei abweichenden Gegenstandswerten liegt auf der Hand: Der maximale Anrechnungsbetrag würde nie überschritten.
4. Fehlerhaft ist die Abrechnung hinsichtlich der Mehrwertsteuer:
vom für die vorgerichtlichen Gebühren errechneten Bruttobetrag von |
1.761,08 EUR |
zieht der BGH die Nettobeträge der anzurechnenden Gebühren mit |
-341,90 EUR |
bzw. |
-267,80 EUR |
ab und kommt auf diesem Wege zu einem Restbetrag von |
1.151,38 EUR |
Tatsächlich muss die Anrechnung auf den Nettobetrag der Geschäftsgebühr erfolgen, also
1,3-Geschäftsgebühr 2300 VV aus 62.000,00 EUR |
1.459,90 EUR |
abzüglich anzurechnende 0,65-Gebühr aus 12.000,00 EUR |
- 341,90 EUR |
und 0,65-Gebühr aus 8.000,00 EUR |
- 267,80 EUR |
verbleibende Gebühr |
850,20 EUR |
Post- und Telekommunikationspauschale 7002 VV |
20,00 EUR |
19 % MwSt 7008 VV auf 870,20 EUR |
165,34 EUR |
Ergibt |
1.035,54 EUR |
Die vom BGH vorgenommene Abrechnung erfreut nur das Finanzamt.
RA Klaus Winkler, Kenzingen