In einer sozialrechtlichen Angelegenheit hatte der Anwalt seinen Mandanten zunächst im Widerspruchsverfahren gegen einen Bescheid der ARGE Grundsicherung (Bedarfsgemeinschaft von zwei Personen) auf Übernahme einer Heizkostennachzahlung in Höhe von 42,23 EUR vertreten. Der Widerspruch wurde zurückgewiesen. Auf die Klageerhebung gewährte das SG dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung und ordnete den Beschwerdeführer bei. In dem 26 Minuten dauernden Erörterungstermin verhandelte das SG drei Verfahren der Kläger. Nach dem Hinweis des Kammervorsitzenden, dass die Berechnung der Beklagten richtig sei, nahm der Beschwerdeführer die Klage zurück.
In seiner Kostenrechnung machte er aus der Staatskasse für das vorliegende Verfahren einen Betrag 654,20 EUR geltend, der sich wie folgt errechnet:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV |
250,00 EUR |
Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV |
75,00 EUR |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV |
200,00 EUR |
Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld |
4,75 EUR |
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
Zwischensumme |
549,75 EUR |
Mehrwertsteuer |
104,45 EUR |
Gesamtbetrag |
654,20 EUR |
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle wies eine Zahlung von 345,70 EUR an und führte aus, hinsichtlich der Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV werde eine um ¼ geminderte Mittelgebühr (127,50 EUR) als angemessen erachtet. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger sowie Umfang und Schwierigkeit seien leicht unterdurchschnittlich, die Einkommens- und Vermögensverhältnisse unterdurchschnittlich gewesen. Für die Terminsgebühr sei die Hälfte der Mittelgebühr angemessen. Nachdem am gleichen Tag 12 Verfahren verhandelt wurden, seien Fahrtkosten-, Tage- und Abwesenheitsgeld anteilig zu berechnen.
Seine Erinnerung hat der Beschwerdeführer auf die Höhe der Verfahrens- und Terminsgebühr beschränkt und ausgeführt, die Verhandlungsgebühr sei anhand der Kriterien des § 15a des RVG zu berechnen. Die Entscheidung der Urkundsbeamtin sei nicht nachvollziehbar. Die Bedeutung der Sache sei für die Kläger eher überdurchschnittlich gewesen. Der Umfang seiner anwaltlichen Arbeit sei nicht unterdurchschnittlich gewesen und es habe sich um eine sehr komplexe und komplizierte Rechtsmaterie gehandelt. Die Kürzung der Terminsgebühr sei nicht angebracht, weil die volle Terminsgebühr mit der Wahrnehmung des Termins entstehe. Auf die Dauer des Termins komme es nicht an.
Das SG hat schließlich die aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten auf 451,11 EUR festgesetzt und im Übrigen die Erinnerung zurückgewiesen. Einschlägig sei die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV, weil der Beschwerdeführer die Kläger bereits im Widerspruchsverfahren vertreten habe. Der Ansatz der Gebühr Nr. 3102 VV komme nicht in Betracht. § 15a RVG sei bereits nach seinem Wortlaut nicht anwendbar, da er lediglich die Folgen einer Anrechnung nach dem RVG regle (vgl. BGH, Beschl. v. 2.9.2009 – II ZB 35/07 [= AGS 2009, 466] u. 29.4.2010 – V ZB 38/10 [= AGS 2010, 263]). Wann die Anrechnung erfolge, sei im RVG ausdrücklich geregelt, z.B. in der Vorbem. 3 Abs. 4 RVG. Bei Nr. 3103 VV handle es sich nicht um eine Anrechnung, sondern um einen Sondergebührentatbestand für den Fall einer vorausgegangenen Tätigkeit im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren. Eine entsprechende Anwendung des § 15a RVG scheitere bereits an der notwendigen planwidrigen Regelungslücke, denn der Gesetzgeber habe nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 16/12717, S. 2, 58) mit dem neuen § 15a RVG ausdrücklich nur den Begriff der Anrechnung definieren wollen, um unerwünschte Auswirkungen der Anrechnung zu vermeiden. Im zugrunde liegenden Verfahren seien Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit durchschnittlich und die Bedeutung für die Kläger leicht überdurchschnittlich gewesen. Bei der Terminsgebühr sei eine Kürzung der Mittelgebühr um ein Drittel gerechtfertigt. Auf die Dauer des Erörterungstermins komme es neben den weiteren Kriterien des § 14 RVG durchaus an (Senatsbeschl. v. 6.3.2008 – L 6 B 198/07 SF). Durchschnittlich könnten dafür 30 Minuten angesetzt werden, sodass eine Kürzung um ein Drittel gerechtfertigt sei.
Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und vorgetragen, entgegen der Ansicht des SG seien die Kriterien des § 15a RVG zu berücksichtigen. Damit sei eine Gebühr von 200,00 EUR nach Nr. 3102 VV angemessen. Die Entscheidung des SG sei nicht nachvollziehbar. Auch hinsichtlich der Terminsgebühr werde dessen Ansicht nicht geteilt. Die Dauer des Termins sei unerheblich.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem LSG vorgelegt. Sie hatte keinen Erfolg.