Der Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen höheren Erstattungsanspruch gem. § 63 Abs. 1 SGB X, da die Beklagte die Verfahrensgebühr zutreffend nach Nr. 2401 VV und nicht nach Nr. 2400 VV festgesetzt hat.
1. Die Bestimmung der Gebühr richtet sich nach Nr. 2401 VV.
Nr. 2401 VV hat folgenden Wortlaut:
Zitat
Es ist eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder im Beschwerdeverfahren nach der WBO vorausgegangen:
Die Gebühr 2400 für das weitere, der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende Verfahren oder für das Verfahren der weiteren Beschwerde nach der WBO beträgt 40,00 bis 260,00 EUR
(1) Bei der Bemessung der Gebühr ist nicht zu berücksichtigen, dass der Umfang der Tätigkeit infolge der Tätigkeit im Verwaltungsverfahren oder im Beschwerdeverfahren nach der WBO geringer ist.
(2) Eine Gebühr von mehr als 120,00 EUR kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.“
Nach der ausdrücklichen und eindeutigen Rspr. des BSG zum Konkurrenzverhältnis zwischen Nr. 2500 und 2501 VV a.F. ist die den verminderten Gebührenrahmen zusprechende Nr. 2501 des VV im Rahmen des § 63 Abs. 1 SGB X anzuwenden, sofern der Bevollmächtigte bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren eingeschaltet war (BSG, Urt. v. 25.2.2010 – B 11 AL 24/08 R, Rn 23 ff. [= AGS 2010, 434]).
Die zu Nr. 2500 und 2501 VV a.F. entwickelten Grundsätze sind auf die inhaltsgleichen Vorschriften nach der Neufassung anzuwenden, die nunmehr in Nr. 2400 und 2401 VV kodifiziert sind.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin unmittelbar durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 14.1.2009 den Überprüfungsantrag stellen lassen. Der Prozessbevollmächtigte war somit bereits im Verwaltungsverfahren tätig, so dass Nr. 2401 VV Anwendung findet, wonach die Schwellengebühr 120,00 EUR beträgt.
Diese Schwellengebühr hat die Beklagte im Kostenfestsetzungsbescheid korrekt festgesetzt. Auch die Klägerin begehrt lediglich die Schwellengebühr; wenn auch nach einer anderen Gebührenziffer.
2. § 15a RVG ist weder direkt noch indirekt anwendbar. Soweit die Klägerseite vorbringt, der Anwendung von Nr. 2401 VV stünde der mit Wirkung vom 5.8.2009 eingefügte § 15a RVG entgegen, kann sie mit diesem Argument nicht durchdringen.
a) Gem. § 15a Abs. 1 RVG setzt die Anwendung dieser Norm voraus, dass das Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr vorsieht.
Die Vorschrift setzt somit einen gesetzlichen Anrechnungstatbestand voraus. Ein solcher findet sich beispielsweise in Vorbem. 3 Abs. 4 VV.
Im vorliegenden Fall enthält Nr. 2401 VV gerade keinen Anrechnungstatbestand, da das Wort "Anrechnung" im Gesetzestext nicht vorkommt. Auch systematisch handelt es sich nicht um eine Anrechnung. Vielmehr geht es allein um die Entscheidung, welche Gebührenziffer einschlägig ist. Die Frage, welche Gebührenziffer des RVG einschlägig ist, wird von § 15a RVG nicht beeinflusst.
b) Auch eine analoge Anwendung des § 15a RVG auf Sondergebührentatbestände wie Nr. 2401 VV kommt nicht in Betracht. Es fehlt insoweit bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung in § 15a RVG ausdrücklich nur den Begriff der Anrechnung definieren, um unerwünschte Auswirkungen der Anrechnung zu vermeiden (BT-Drucks 16/12717, S. 2 u. S. 58). Dass eine entsprechende Regelung für die Sondergebührentatbestände im Sozialrecht fehlt, kann daher nicht als planwidrig angesehen werden (so auch SG Berlin, Beschl. v. 26.7.2010, S 180 SF 1707/09 E).
Überdies fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Sachlagen bei der Anrechnung nach § 15a RVG und bei der Anwendung des Sondergebührentatbestands in Nr. 2401 VV. Es ist bereits nicht ersichtlich, wie hierbei ein bestimmter Anrechnungsbetrag i.S.d. § 15a Abs. 1 RVG ohne nähere gesetzliche Regelungen bestimmt werden kann. Ferner existiert das bei der Anrechnung nach § 15a RVG bestehende Wahlrecht des Rechtsanwalts bei den Sondergebührentatbeständen im Sozialrecht nicht.
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der klägerseits im Schriftsatz vom 7.12.2010 mitgeteilten Fundstelle bei Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., § 15a Rn 1.
In der dortigen Rn 1 heißt es ohne einen näher erläuterten Zusammenhang: "Soweit Rahmengebühren anzurechnen sind, wird das Kostenfestsetzungsverfahren überdies mit einer materiellen Prüfung belastet, für die es sich nicht eignet."
Zunächst lässt sich aus diesem Satz entgegen der Auffassung der Klägerseite nicht entnehmen, dass "anerkannter Weise" § 15a RVG auch bei Betragsrahmengebühren gelte. Das Zitat setzt vielmehr eindeutig voraus, dass nur "soweit" Rahmengebühren anzurechnen sind, dies zu Problemen im Kostenfestsetzungsverfahren führen kann. Der Bearbeiter setzt die Diskussion um diese Problematik damit unter den Vorbehalt, dass überhaupt ausdrücklich eine gesetzliche Anordnung zur Anrechnung bei Rahmengebühren erfolgt.
Eine solche gesetzliche Anordnung liegt bei Betragsrahmengebüh...