Der Gesetzgeber hat die Formulierung "für jedes auszugleichende Anrecht" in "für jedes Anrecht" geändert. Deshalb ist ohne Wenn und Aber jedes verfahrensgegenständliche Anrecht bei der Bestimmung des Verfahrenswerts im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen, und zwar auch dann, wenn es im Ergebnis nicht zu einem Ausgleich im Wege einer internen oder externen Teilung des Anrechts kommt. Der Gesetzgeber will sämtliche Anrechte bewertet wissen und definiert sie deshalb auch: Nach § 2 Abs. 1 VersAusglG sind es alle im In- oder Ausland bestehenden Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus anderen Regelsicherungssystemen etc. Das Gesetz unterscheidet begrifflich insoweit auch nicht danach, ob das Anrecht in der Ehezeit oder außerhalb erworben worden ist und schließlich auch nicht danach, ob eine Unfallrente grundsätzlich ausgeglichen werden kann oder nicht. Ein Anrecht im Sinne des VersAusglG liegt sogar vor, wenn am Ende der Ehezeit eine für das Anrecht maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzung noch nicht erfüllt ist (§ 2 Abs. 3 VersAusglG).
Eine einschränkende Auslegung des § 50 FamGKG dahingehend, dass ein Anrecht bei der Bestimmung des Verfahrenswertes nur dann zu berücksichtigen sei, wenn es dem Grunde nach überhaupt für den in Rede stehenden Versorgungsausgleich in Betracht kommt, ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut deshalb unzulässig. Auslegung bedeutet Sinnermittlung dort, wo sich Zweifel daran ergeben, was mit einem feststehenden Text gemeint ist. Zweifel können sich bei folgerichtiger Erfassung des Gesetzestextes gar nicht erst ergeben, sodass eine Auslegung bei gegebener Klarheit bereits fehl am Platze ist.
Das sich aus Sicht des OLG ergebende unbillige Ergebnis durch eine Regelbewertung kann unproblematisch über § 50 Abs. 3 FamGKG korrigiert werden. Das ist auch der Grund dafür, dass der Gesetzgeber dort, wo er Regelwerte bestimmt hat, eine von Ermessen getragene Abweichung orientiert an Billigkeitskriterien zulässt. Eine Nichtbewertung von verfahrensgegenständlichen Anrechten kommt nach dem Willen des Gesetzgebers nicht in Betracht.
Einzig gesichert und gültig ist die folgende, allerdings keinem juristischen Zweck dienende Erkenntnis des OLG:
"Wäre es hingegen bei der ursprünglichen geplanten gesetzlichen Fassung geblieben" – ... der Verfahrenswert in Versorgungsausgleichssachen beträgt 10 % für jedes auszugleichende Anrecht ... -, "wären auch Letztere bei der Wertfestsetzung nicht zu berücksichtigen gewesen".
FAFamR Lotte Thiel, Koblenz