1. Ausschluss der Kostenerstattung
M.E. hat sich das LAG Berlin-Brandenburg die Entscheidung sehr leicht gemacht. § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG stellt für die von dieser Vorschrift erfassten Fallgestaltungen eine Ausnahme von der über § 46 Abs. 2 ArbGG geltenden Grundregel des § 91 Abs. 1 ZPO dar, nach der notwendige Kosten der Rechtsverfolgung bzw. der Rechtsverteidigung erstattungsfähig sind. Zu diesen erstattungsfähigen Kosten gehören die von der ebenfalls im Arbeitsgerichtsverfahren grds. anwendbaren Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO erfassten Kosten eines Rechtsanwalts.
a) Sozialpolitischer Zweck
Um eine Ausnahmevorschrift, wie sie hier § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG darstellt, über ihren Gesetzeswortlaut hinaus erweiternd auf andere Sachverhalte anzuwenden, bedarf es schon einiger Argumente. Hierzu führt das LAG Berlin-Brandenburg (eigentlich nur im Leitsatz seiner Entscheidung) die sozialpolitische Zwecksetzung der Vorschrift an. § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG hat den sozialpolitischen Zweck, den arbeitsgerichtlichen Prozess im ersten Rechtszug zu verbilligen und das Kostenrisiko der erstattungspflichtigen Partei zu begrenzen (s. etwa BAG AGS 2015, 483 = RVGreport 2015, 426 [Hansens]). Hingegen soll diese Begrenzung des Prozesskostenrisikos für die unterliegende Partei nicht dazu führen, ihr einen ungerechtfertigten Kostenvorteil zu verschaffen. Deshalb sind bspw. die als solche vom Ausschluss der Kostenerstattung des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG erfassten Anwaltskosten bis zur Höhe ersparter Reisekosten der Partei erstattungsfähig (BAG AGS 2014, 364 m. Anm. N. Schneider = RVGreport 2004, 474 [Hansens]; BAG AGS 2015, 483 = RVGreport 2015, 426 [Ders.]; LAG Nürnberg AGS 2021, 316 [Ders.]).
Deshalb hätte ich weitere Argumente des LAG Berlin-Brandenburg erwartet, denen sich entnehmen lässt, warum § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG über seinen ausdrücklichen Wortlaut hinaus auch auf die Kosten des Streithelfers anwendbar sein sollen. Der bloße Hinweis auf Meinungen in der Lit. genügt m.E. nicht.
b) Entscheidung des LAG Stuttgart
Allerdings kann sich das LAG Berlin-Brandenburg auf eine etwas ältere Entscheidung des LAG Stuttgart (AP Nr. 12 zu § 12a ArbGG) berufen.
c) Keine Rechtsbeschwerde zugelassen
Gleichwohl hat diese Rechtsfrage eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, da für die Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg nur eine einzige Gerichtsentscheidung streitet. Deshalb hätte ich erwartet, dass das LAG die Rechtsbeschwerde an das BAG zulässt, um diese grundsätzliche und auch in nicht wenigen Fällen in der Praxis auftretende Frage höchstrichterlich klären zu können. Stattdessen hat das LAG Berlin-Brandenburg in den Beschlussgründen lediglich ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde würden nicht vorliegen. Eine Begründung hierfür, die angesichts der gegen den Wortlaut des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG erfolgten Gesetzesauslegung erforderlich wäre, hat das LAG leider nicht gegeben. Die unterbliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde lässt sich m.E. auch nicht begründen.
2. Auswirkungen auf den Prozessbevollmächtigten des Streithelfers
Der Prozessbevollmächtigte des Streithelfers, der seine Partei auch über das Prozesskostenrisiko zu beraten hat, muss seinen Mandanten auch darauf hinweisen, dass nach Auffassung nunmehr zweier LAG die Erstattung seiner erstinstanzlichen Anwaltskosten über den Wortlaut des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG hinaus ausgeschlossen ist. Dieser Ausschluss der Kostenerstattung in der ersten Instanz kann für den Streitverkündeten ein wesentlicher Grund sein, dem Rechtsstreit nicht beizutreten.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin
AGS 9/2021, S. 405 - 406