I. Fragen
1. Fall 1
Im Januar 2020 haben die Wohnungseigentümer WE 1 und 2 gegen die übrigen Wohnungseigentümer, die WE 3 bis 10 betreffend die Anfechtung eines Beschlusses der Wohnungseigentümer-Gemeinschaft Klage erhoben. In dem Rechtsstreit haben sich die Wohnungseigentümer WE 3 und 4 durch Rechtsanwalt B und die Wohnungseigentümer WE 5 bis 10 durch den vom Verwalter bestellten Rechtsanwalt C vertreten lassen. Das AG hat durch Urt. v. 7.7.2020 nach mündlicher Verhandlung die Klage auf Kosten der Kläger abgewiesen und den Streitwert auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
Die Beklagten haben folgende Kostenfestsetzungsanträge eingereicht:
I. |
Kostenfestsetzungsantrag der WE 3 und 4 |
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1. |
1,3 + 0,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV |
240,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
180,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
70,40 EUR |
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Gesamt |
510,40 EUR |
II. |
Kostenfestsetzungsantrag der WE 5–10 |
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1. |
1,3 + 1,5-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV |
420,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
180,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
99,20 EUR |
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Gesamt |
719,20 EUR |
Welche Entscheidungen wird der Rechtspfleger auf diese Kostenfestsetzungsanträge treffen?
2. Fall 2
In dem Vergütungsprozess vor dem ArbG Hamburg hat der Beklagte dem in Berlin wohnhaften Streithelfer S den Streit verkündet. Dieser ist dem Rechtsstreit beigetreten und hat sich durch den in Berlin kanzleiansässigen Rechtsanwalt A vertreten lassen. Zum Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem ArbG Hamburg sind die Prozessbevollmächtigten der Parteien und des Streithelfers erschienen. Das ArbG hat die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention auferlegt.
Welche Kosten kann der Streithelfer S vom Kläger erstattet verlangen?
II. Lösungen
1. Lösung zu Fall 1
I. Anwendbares Recht
1. Wohnungseigentumsrecht
Gem. § 48 Abs. 5 WEG ist die bis zum 30.11.2020 geltende Fassung des WEG anwendbar, weil die Kläger das Verfahren vor dem 1.12.2020 anhängig gemacht haben. Hinsichtlich der Kostenerstattung gilt somit § 50 WEG in der bisherigen Fassung.
2. Anwaltsvergütung
Anwendbar ist das bis zum 31.12.2020 geltende Vergütungsrecht, da die Beklagten ihren jeweiligen Rechtsanwälten den unbedingten Prozessauftrag vor dem 1.1.2021 erteilt haben (s. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG).
Die Umsatzsteuer ist mit einem Steuersatz von 16 % angefallen, da die Anwaltsvergütung durch Erlass des Urteils vom 7.7.2020 nach dem 1.7.2020 und vor dem 1.1.2021 fällig geworden ist (s. § 8 Abs. 1 RVG). Somit greift hier die vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 geltende, durch das Corona-Steuerhilfegesetz eingeführte Steuerermäßigung des Umsatzsteuersatzes auf 16 % ein.
II. Kostenerstattung
1. Grundsätze
Gem. § 50 WEG sind für die beklagten Wohnungseigentümer nur die Kosten eines Rechtsanwalts erstattungsfähig. Es sind auch keine Gründe ersichtlich, dass eine gesonderte Vertretung der Wohnungseigentümer WE 3 und 4 aus mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängenden Gründen geboten gewesen wäre.
Somit sind auf Beklagtenseite nur die Kosten eines Rechtsanwalts erstattungsfähig, die sich fiktiv so berechnen, als hätte dieser Rechtsanwalt sämtliche beklagten Wohnungseigentümer 3 bis 10 vertreten. In diesem Falle wären folgende Anwaltskosten entstanden:
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Fiktive Anwaltskosten |
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1. |
1,3 + 2,1-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV |
510,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
180,00 EUR |
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(Wert: 2.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
4. |
16 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
113,60 EUR |
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Gesamt |
823,60 EUR |
2. Erstattungsansprüche der Beklagten
Damit ist aber noch nicht gesagt, wie sich dieser Höchst-Erstattungsbetrag auf die einzelnen beklagten Wohnungseigentümer verteilt. Bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden sind vorrangig die Kosten des Rechtsanwalts erstattungsfähig, der von dem Verwalter beauftragt worden ist. Das sind die unter II. errechneten Anwaltskosten der Wohnungseigentümer WE 5–10 i.H.v. 719,20 EUR. Die beklagten Wohnungseigentümer WE 3 und 4 können deshalb nicht ihre gesamten Anwaltskosten, sondern nur die Differenz zwischen den höchstens erstattungsfähigen Kosten i.H.v. 823,60 EUR und den Kosten des vom Verwalter beauftragten Rechtsanwalts i.H.v. 719,20 EUR erstattet erhalten, somit nur einen Betrag i.H.v. 104,40 EUR.
Der Rechtspfleger wird somit dem Kostenfestsetzungsantrag der beklagten Wohnungseigentümer WE 5–10 in vollem Umfang und dem Kostenfestsetzungsantrag der beklagten Wohnungseigentümer WE 3 und 4 nur in Höhe eines Teilbetrags von 104,40 EUR stattgeben und deren weitergehenden Kostenfestsetzungsantrag zurückweisen.
2. Lösung zu Fall 2
I. Grundzüge der Kostenerstattung
Nach dem über § 46 Abs. 2 ArbGG geltenden § 91 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 ZPO sind auch in arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten die Anwaltskosten grds. erstattungsfähig. § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG schließt jedoch im erstinstan...