Es gibt Entscheidungen, bei denen ist man nach dem Lesen der Entscheidung verärgert. So ist es hier und man fragt sich, was das eigentlich soll. Da bestellt das AG an einem Samstag einen Rechtsanwalt zu einem "Termin", wofür der Verteidiger insgesamt mehr als drei Stunden (Frei-)Zeit aufwendet, und wenn es dann an das Bezahlen der Leistung geht – nach dem anwendbaren alten Recht geht es um den fürstlichen Lohn von 166,00 EUR gesetzliche Gebühren – sträubt sich die Staatskasse. Erst der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim AG, der dann vom AG zurückgepfiffen wird, hat die Gebühr festsetzt. Das lässt dann aber natürlich den Bezirksrevisor als Hüter der Staatskasse nicht ruhen und er legt Beschwerde ein, für die er dann beim LG ein offenes Ohr findet. Hat eigentlich mal jemand ausgerechnet, was dieser Irrsinn für Kosten verursacht. Mit Sicherheit mehr als die 166,00 EUR, die man dem Verteidiger nicht geben will.
1. Anfall der Vernehmungsterminsgebühr
Davon abgesehen, ist die Entscheidung m.E. aber auch falsch, um nicht zu sagen gebührenrechtlicher Nonsens. Das LG macht zwar viel Worte, warum die Gebühr nicht festzusetzen ist, es übersieht aber, dass es sich bei den von ihm angeführten Fällen um andere Sachverhalte gehandelt hat, die entschieden worden sind. Ob immer richtig, mag hier dahinstehen. Das LG übersieht auch, dass sich die Rspr. einig ist, dass für das Entstehen der Gebühr Nrn. 4102 Nr. 3, 4013 VV mehr geschehen muss als die reine Verkündung des Haftbefehls, da Sinn und Zweck des Erfordernisses des "Verhandelns" ist, die Gebühr nicht für bloße Haftbefehlsverkündungen entstehen zu lassen. Ausreichend dafür ist es, wenn vom Verteidiger für den Beschuldigten zu Fragen in Zusammenhang mit der Untersuchungshaft Stellung genommen worden ist. Anträge müssen nicht gestellt werden. Es reichen Erklärungen oder Stellungnahmen, die dazu bestimmt waren, die Untersuchungshaft abzuwenden (vgl. u.a. auch die vom LG zitierten Entscheidungen KG, Beschl. v. 31.10.2008 – (1) 2 StE 6/07 – 6 (6/07), AGS 2009, 480); OLG Saarbrücken, a.a.O.). Und die haben hier mit der vom Pflichtverteidiger erwähnten diskutierten "Fragen der Haftfähigkeit des Beschuldigten in Bezug auf dessen Suchterkrankung und der Voraussetzungen der Fluchtgefahr" vorgelegen. Diese ergeben sich zwar nicht aus dem Protokoll. Die eingeholte Stellungnahme des im Hafttermin agierenden Richters deutet aber in diese Richtung. Und die Angaben des Verteidigers hat das LG nicht widerlegt, jedenfalls sagt es nicht ausdrücklich, dass der Verteidiger lügt. I.Ü.: Der Termin hat längere Zeit gedauert und während dessen ist der Haftbefehl erlassen und dann verkündet worden. Was – "liebes" Landgericht – muss denn noch mehr in einem "Hafttermin" geschehen, um ein "Verhandeln" anzunehmen? Mir fällt da unter Berücksichtigung dessen, was nach den Ausführungen auch des LG sonst noch im Termin geschehen/beantragt worden ist, so ganz viel nicht mehr ein.
2. Verfahrensweise des Verteidigers
Für (Pflicht-)Verteidiger muss diese Entscheidung Anlass sein, in "Haftterminen" genau darauf zu achten, dass alles, aber auch wirklich alles, was in Bezug auf die Anordnung/Fortdauer der Untersuchungshaft gesagt/beantragt wird, protokolliert wird. Zudem wird man, um das Entstehen der Gebühr "sicher zu machen" und dem LG Düsseldorf Genüge zu tun, einen Antrag im Hinblick auf Anordnung/Fortdauer der Untersuchungshaft stellen (müssen), der dann auf jeden Fall auch protokolliert wird. Die im Zweifel tätigen Ermittlungsrichter wird der dadurch entstehende zeitliche Mehraufwand freuen. Ihren Dank können Sie beim LG Düsseldorf und bei dem dort tätigen Bezirksrevisor, der der Staatskasse immerhin 166,00 EUR netto erspart, abstatten.
Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg
AGS 9/2022, S. 415 - 417