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Gegenwärtig muss Beratungshilfe noch persönlich oder schriftlich beantragt werden. Dies erscheint angesichts moderner Kommunikationstechniken nicht mehr zwingend zeitgemäß. Die Corona-Pandemie hat uns gelehrt, dass ein (virtueller) "Plan B" sehr hilfreich sein kann. Aus aktuellem Anlass soll berichtet werden.
I. Allgemeines
Die Beratungshilfe wird nicht von Amts wegen bewilligt, sondern auf Antrag gewährt. Der Antrag ist dabei nicht formgebunden. Das Antragserfordernis ergibt sich aus § 1 Abs. 1 BerHG. Der Antrag kann dabei abgeleitet aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 S. 1 BerHG gegenwärtig aber nur schriftlich oder mündlich gestellt werden. Seit dem 1.1.2022 ist § 130d ZPO in Kraft. Sofern ein Antrag über das Büro einer Beratungsperson erfolgt, wird der Antrag daher auch in elektronischer Weise zu erwarten sein. Erfolgt die Antragstellung über den Rechtsuchenden selbst, wird er weiterhin in der bewährten Weise zu erwarten sein, also mündlich oder schriftlich. Beide Varianten gehen i.Ü. "vor der Antragstellung auf Beratungshilfe", als auch bereits "nach erfolgter Beratung." Das Petitum, wonach ein nachträglicher Antrag nur über das Büro der Beratungsperson laufen darf, wurde zum 1.1.2014 aufgegeben. Zwingend notwendig bleibt jedoch bei einer schriftlichen Antragstellung, dass ein Formular zu verwenden ist. Am 8.1.2014 wurde die Beratungshilfeformularverordnung (BerHFV) im Bundesgesetzblatt verkündet. Sie wurde zum 9.1.2014 wirksam und ersetzte die bis dahin gültige Beratungshilfevordruckverordnung (BerHVV). Das Formular ist zwingend bei schriftlicher Antragstellung zu verwenden, § 1 Nr. 1 BerHFV.
Im Regelfall erfolgt gegenwärtig noch die mündliche Antragstellung durch den Rechtsuchenden selbst unmittelbar bei Gericht. Durch diese sollen für den Rechtsuchenden entmutigende Formalitäten vermieden werden und sie soll zugleich dem Beschleunigungszweck dienen. Dies folgt aus der Absicht des Gesetzgebers, das Verfahren so einfach wie möglich zu gestalten. Nach dessen Willen sollen die Anträge in der Regel mündlich zu stellen sein, weil die sofort mögliche Klärung von Zweifelsfragen der raschen Erledigung dient. Mängel können dann unbürokratisch und ohne – für den Rechtsuchenden oftmals wenig verständliche – Zwischenverfügungen erläutert werden. Letztlich können so aufwendige Zusatzwege für den Bürger erspart werden. Soweit zur Theorie. In der Praxis bereitet das Aufsuchen der Behörde noch immer Schwierigkeiten. Es stellt sich tatsächlich die Frage, ob das Antragsprocedere noch "up to date" ist, oder ob auch hier Modernisierungen Einzug finden sollten.
II. Überlegungen
Zu einer modernen Justiz gehören auch moderne Kommunikationsmittel und Arbeitsmittel. Der Wille ist da, wie die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs einerseits, aber EDV-Ausstattungen und Programme andererseits zeigen. Erfahrungen mit bisheriger EDV in der Justiz waren aber zumeist ernüchternd. Als Beispiel soll das bereits mehrfach diskutierte Programm "ForumSTAR" herangezogen werden, welches in seiner Anfangszeit durchaus als das "Waterloo" der Programmiertechnik bezeichnet werden darf. Mit der sukzessiv flächendeckenden Einführung der E-Akte wird aber ein weiterer Schritt in die richtige Richtung getan und die elektronische Antragstellung wird sich erst richtig effektiv im weiteren Workflow gestalten. Die elektronische Antragstellung wird auch an manchen Stellen für mehr Sicherheit sorgen, insbesondere dann, wenn es sich um einen nachträglichen Antrag handelt. Beantragt bspw. die Beratungsperson (nachträgliche) Beratungshilfe elektronisch, wird man den Berechtigungsschein dann auch an sie in elektronischer Form übersenden können. Mit dieser Variante wird die bekannte Gefahr einer doppelten Abrechnung für den Fall, dass der Bürger mit dem ihm persönlich (nachträglich erteilten) Berechtigungsschein einen weiteren Rechtsanwalt aufsucht, gebannt. Dies gilt insbesondere, wenn der "beantragende" Anwalt als ermächtigt gilt, den eigentlich dem Bürger zustehenden Berechtigungsschein in Empfang zu nehmen.
Die E-Akte selbst darf durchaus als gelungen betrachtet werden. Der "Sprung" aus dem Schatten (ForumSTAR) hin ins Licht (E-Akte) hinaus scheint dabei also gelungen. Die E-Akte orientiert sich bei ihrem Aufbau an allgemein bekannten und gängigen EDV-Programmen. Rechtliche Normen wie die Bildschirmarbeitsverordnung sowie die internationale Normreihe DIN EN ISO 9241 sind eingehalten. Die E-Akte ist auch praktikabel. Auch immer mehr Anwaltskanzleien oder Steuerberaterkanzleien stellen ihre Arbeitsweise auf eine E-Akte um und letztlich bleibt die Vermutung: Der elektronischen Arbeitsweise gehört die Zukunft. Nachdem nun alles "in die Zukunft" blickt, bleibt berechtigt die Frage: warum nicht auch in der Beratungshilfe? Sinn der "persönlichen Antragstellung" ist – wie beschrieben – der Abbau von Rückfragen, Hemmschwell...