BMJ plant weitere Digitalisierungsschritte für die Justiz

Der von der Bundesregierung beschlossene Refe­ren­ten­ent­wurf eines „Gesetzes für die weitere Digi­ta­li­sie­rung der Justiz“ wurde vom Bundesrat ausgebremst. Die jetzt vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagene Reform greift deutlich kürzer als der ursprüngliche Entwurf.

Auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses soll der Bundestag nun lediglich ein „Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videotechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten“ beschließen. Die digitale Dokumentation von Straf­ver­fahren sowie weitere Digitalisierungsschritte wie der digitale Strafantrag liegen aufgrund erheblicher Bedenken der Länder zunächst auf Eis.  

Richterliches Ermessen

Der vom Vermittlungsausschuss jetzt vorgeschlagene Text des Gesetzes zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten sieht auch weiterhin vor, dass die mündliche Verhandlung in der Zivil- und in der Fachgerichtsbarkeit auf Antrag einer Partei als Videokonferenz durchgeführt werden kann. Der Vorschlag schwächt den ursprünglich von Bun­des­jus­tiz­mi­nister Marco Busch­mann vorgelegten Entwurf aber insoweit ab, als Richter Anträge auf Videokonferenz nach ihrem Ermessen leichter ablehnen können.

Die Landesregierungen entscheiden über Digitalisierungsschritte

Nach dem nun vorliegenden Vorschlag sollen in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten (Verwaltungs-, Arbeits-, Finanz- und Sozialgerichte) gemäß Art. 4 die Bundesregierung und die Landesregierungen ermächtigt werden, durch Rechtsverordnung für ihre jeweiligen Zuständigkeitsbereiche vollvirtuelle Videoverhandlungen zum Zwecke ihrer Erprobung zuzulassen. Die Geltungsdauer einer entsprechenden Rechtsverordnung ist bis längstens zum 31.12.2033 zu befristen.

Videoverhandlung nur in geeigneten Fällen

Nach dem insgesamt neu gefassten § 128a ZPO-E kann die mündliche Verhandlung in geeigneten Fällen und soweit ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen als Videoverhandlung stattfinden. Der Vorsitzende selbst leitet die Videoverhandlung gemäß § 128a Abs. 5 Satz 1 ZPO-E von der Gerichtsstelle aus.

Voraussetzungen für vollvirtuelle Gerichtsverhandlungen

Voraussetzung für die Durchführung einer vollvirtuellen Videoverhandlung wird sein, dass

  • alle Mitglieder des Gerichts gegenüber dem Vorsitzenden erklärt haben, an der mündlichen Verhandlung per Bild- und Tonübertragung teilzunehmen,
  • gegenüber allen Verfahrensbeteiligten eine Videoverhandlung gemäß § 128a Abs. 2 Satz 1 ZPO-E angeordnet wurde und
  • kein Verfahrensbeteiligter fristgerecht Einspruch nach § 128a Abs. 2 Satz 2 ZPO-E eingelegt hat.
  • Über die Durchführung einer vollvirtuellen Videoverhandlung entscheidet der Vorsitzende nach seinem Ermessen, § 128a Abs. 2, Abs. 3 ZPO-E.

Antragsrecht nicht nur der Verfahrensbeteiligten

Ferner soll das Gericht in geeigneten Fällen – soweit ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen – den an dem Rechtsstreit unmittelbar Beteiligten die Teilnahme per Bild – oder Tonübertragung sowie die Vernehmung einzelner Zeugen oder Sachverständiger per Bild- und Tonübertragung gestatten können. Nicht nur den Verfahrensbeteiligten – auch Zeugen und Sachverständigen – steht ein entsprechendes Antragsrecht zu. Hierzu ergangene Entscheidungen des Gerichts sind unanfechtbar. Die Teilnahme per Bild- und Tonübertragung erfüllt den Begriff des persönlichen Erscheinens.

Kontinuierliche Evaluation

Gemäß Art. 4 § 17 des Gesetzestextes ist eine Evaluation durch das BMJ unter Beteiligung der an der Erprobung teilnehmenden Länder nach 4 und nach 8 Jahren vorgesehen.