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Auch im Strafverfahrensrecht spielen die Rechtsmittelverfahren in der Praxis eine große Rolle. Diese sollen daher in einer kleinen Serie Gegenstand der Berichterstattung sein. Dargestellt werden soll jeweils, welche Gebühren für den Rechtsanwalt in den jeweiligen Rechtsmittelverfahren anfallen können. Zunächst stellen wir Ihnen in diesem Heft die anwaltliche Vergütung im Berufungsverfahren vor.
I. Gebühren des Berufungsverfahrens
Die Gebühren, die im Berufungsverfahren entstehen können, sind, wenn der Rechtsanwalt den vollen Verteidigungsauftrag erhalten hat, in Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 VV – Gerichtliches Verfahren – Berufung – geregelt. Anfallen können danach die Gebühren nach den Nrn. 4124 ff. VV. Strukturell sind die Gebühren für das Berufungsverfahren ebenso gegliedert wie die für das erstinstanzliche Verfahren. Der Verteidiger erhält also für das Betreiben des Geschäfts die Verfahrensgebühr nach Nr. 4124 VV, und für jeden Hauptverhandlungstag im Berufungsverfahren die Terminsgebühr Nr. 4126 VV. Ist der Rechtsanwalt nur mit einer Einzeltätigkeit beauftragt, gilt Teil 4 Abschnitt 3 VV (s. dazu IV., 2.).
II. Angelegenheit (§ 15 RVG)
Das Berufungsverfahren ist gegenüber dem erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren eine eigene Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 RVG.
Werden mehrere Berufungen, also z.B. vom Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft, eingelegt, kommt es darauf an, ob diese sich gegen dieselbe Entscheidung oder gegen verschiedene Entscheidungen richten. Richten sich die Berufungen gegen dieselbe Entscheidung, liegt lediglich eine Angelegenheit vor mit der Folge, dass die Gebühren Nrn. 4124 ff. VV nur einmal entstehen. Der durch die mehreren Berufungen entstehende höhere Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts muss aber im Rahmen des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG berücksichtigt werden.
III. Dauer des Berufungsverfahrens
1. Beginn
Das Berufungsverfahren beginnt mit der Einlegung der Berufung nach § 314 StPO. Die Einlegung der Berufung selbst gehört allerdings für den Verteidiger, der bereits in der ersten Instanz tätig war, nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG noch zum gerichtlichen Verfahren des ersten Rechtszuges. Jede danach für den Mandanten erbrachte Tätigkeit führt aber zur Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV. Diese Tätigkeit muss nicht nach außen erkennbar sein. Ausreichend ist z.B. die (weitere) Beratung des Mandanten oder die Aufnahme von Gesprächen mit der Staatsanwaltschaft mit dem Ziel, dass diese die von ihr eingelegte Berufung zurücknimmt.
War der Verteidiger erstinstanzlich überhaupt noch nicht oder nicht als Verteidiger tätig, beginnt für ihn das Berufungsverfahren mit der Erteilung des Auftrags, das Rechtsmittel einzulegen. Die Einlegung der Berufung wird dann von der Gebühr Nr. 4124 VV erfasst.
2. Ende
Das Berufungsverfahren endet mit dem Abschluss der Berufungsinstanz. Das ist nicht die Verkündung des Urteils, die Rücknahme der Berufung oder die Einstellung des Verfahrens. Vielmehr werden auch darüber hinausgehende Tätigkeiten noch von der Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV als sog. Abwicklungstätigkeiten erfasst. Dies kann z.B. die Beratung des Mandanten über die Einlegung der Revision sein. Auch die Einlegung der Revision wird nach § 19 Abs. 1 Nr. 10 RVG für den Verteidiger der Berufungsinstanz noch durch die Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV abgegolten.
IV. Persönlicher Anwendungsbereich
1. Voller Verteidigungsauftrag
Die Vorschriften der Nrn. 4124 ff. VV gelten für die in Vorbem. 4 Abs. 1 VV genannten Verfahrensbeteiligten. Das wird i.d.R. der Vollverteidiger sein. Hat der Rechtsanwalt nicht den vollen Verteidigungsauftrag für das Berufungsverfahren erhalten, sondern ist ihm nur eine Einzeltätigkeit übertragen worden, gelten nicht die Nrn. 4124 ff. VV sondern Teil 4 Abschnitt 3 VV. Das ist z.B. der Fall, wenn der...