Nach Auffassung des LG entsprechen die von dem Verteidiger geltend gemachten Gebühren billigem Ermessen und seien daher verbindlich (§ 14 Abs. 1 S. 1, 4 RVG).
1. Allgemeine Grundsätze
Die Bemessung von Rahmengebühren habe der Rechtsanwalt gem. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen vorzunehmen. Unbillig und damit nach § 14 Abs. 1 S. 4 RVG unverbindlich sei der Gebührenansatz dann, wenn die beantragte Gebühr um mehr als 20 % über der angemessenen Gebühr liege, da einem Rechtsanwalt insoweit eine Toleranzgrenze eingeräumt wird (BGH, Urt. v. 31.10.2006 – VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420, 421 m.w.N.). Maßgebliche Kriterien für die Bemessung von Rahmengebühren sind u.a. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers. Die sog. Mittelgebühr ist anzusetzen, wenn der "Normalfall" vorliegt, also ein Fall, in dem sämtliche, vor allem die nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG zu berücksichtigenden Umstände durchschnittlicher Art sind (Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 26., Aufl., 2023, § 14 Rn 10). Aus Sicht der Kammer ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen des RVG kein Grund dafür, in den Fällen straßenverkehrsrechtlicher Bußgeldverfahren grds. davon auszugehen, dass der Ansatz der Mittelgebühr als Ausgangspunkt nicht gerechtfertigt ist (so auch Gerold/Schmidt/Mayer, a.a.O., § 14 Rn 54 m.w.N.). Vielmehr sei stets der konkrete Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts zu bemessen.
2. Verfahrensgebühr Nr. 5103 VV
Die Verfahrensgebühr nach Nr. 5103 VV entstehe für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information durch den Rechtsanwalt, Dazu gehören insbesondere auch die Tätigkeiten im gerichtlichen Zwischenverfahren oder in Zusammenhang mit Rechtsbehelfen betreffend Akteneinsicht (Gerold/Schmidt/Burhoff, a.a.O., RVG VV 5101 Rn 4). Der Verteidiger habe vorliegend nicht nur den Einspruch eingelegt, sondern im Rahmen des Zwischenverfahrens nach vorheriger Besprechung mit dem Betroffenen ein privates Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Insofern sei bereits zu diesem Zeitpunkt eine Auseinandersetzung mit den technischen Voraussetzungen der Messung erforderlich. Daher habe die Kammer keine Anhaltspunkte für einen unterdurchschnittlichen Arbeitsaufwand des Verteidigers im Hinblick auf vergleichbare Verfahren in diesem Verfahrensstadium.
Hinzu komme, dass dem Betroffenen – ausweislich des rechtlichen Hinweises des AG – die Verhängung eines Fahrverbotes gedroht habe. Die ausgesprochene Geldbuße i.H.v. 100,00 EUR habe zudem zwar am unteren, jedoch nicht am untersten Rand innerhalb des Gebührenrahmens von 60,00 EUR – 5.000,00 EUR gelegen. Daher sei auch die Bedeutung der Sache nicht als unterdurchschnittlich anzusehen.
Auch entspreche die Schwierigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht hier einem durchschnittlichen Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren betreffend eine Geschwindigkeitsüberschreitung. Jedenfalls aber liege die angemessene Gebühr innerhalb der Toleranzgrenze von 20 %, ausgehend von der Mittelgebühr.