Die in der Sache grds. zutreffende Entscheidung des OVG Münster bedarf einiger Anmerkungen.
1. Zulässigkeit der Streitwertbeschwerde
Vorliegend hatte der Kläger die Streitwertbeschwerde eingelegt, wobei er durch seinen Prozessbevollmächtigten vertreten worden ist. Infolge der mit der Streitwertbeschwerde erstrebten Halbierung des gerichtlich festgesetzten Streitwertes hätte der Kläger geringere Gerichtskosten, aber auch eine geringere Anwaltsvergütung zahlen müssen. Hingegen wäre eine auf Herabsetzung des gerichtlich festgesetzten Streitwertes gerichtete Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers selbst unzulässig, weil sich im Erfolgsfall der Beschwerde seine Gebühren nach einem noch geringeren Gegenstandswert berechnet hätten.
2. Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Gegenstandswertes
Das OVG Münster hat zwar die verfahrensrechtliche Zulässigkeit des Antrags auf Festsetzung des Gegenstandswertes geprüft und zutreffend bejaht. Auf welcher Rechtsgrundlage es dann den Gegenstandswert festgesetzt hat, ergibt sich aus den Beschlussgründen leider nicht. Zutreffende Rechtsgrundlage ist – weil der Gegenstandswert für ein Beschwerdeverfahren festgesetzt werden sollte – § 23 Abs. 2 S. 1 RVG. Nach dieser Vorschrift ist der Gegenstandswert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG zu bestimmen, soweit sich aus dem RVG nichts anderes ergibt, was hier nicht der Fall war. Somit war der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nur wenn genügende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung gefehlt hätten, hätte der in § 23 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 RVG genannte Regelwert von 5.000,00 EUR bestimmt werden müssen. Ferner ist § 23 Abs. 2 S. 2 RVG zu berücksichtigen, nach dem der Gegenstandswert durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt wird. Diese Grenze war hier bei Weitem nicht erreicht.
3. Bestimmung des Gegenstandswertes
Obwohl das OVG Münster die Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Gegenstandswertes nicht benannt hat, hat es im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens den Gegenstandswert m.E. zutreffend nach der Differenz zwischen den Gerichts- und Anwaltsgebühren bestimmt, die sich einerseits nach dem festgesetzten und andererseits nach dem erstrebten Streitwert ergeben (s. OVG Magdeburg AGS 2021, 138 [Hansens] für das Beschwerdeverfahren; OVG NRW AGS 2016, 193 = JurBüro 2016, 197 für die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung; ferner OLG Brandenburg AGS 2022, 68 [Ders.]: Kostenersparnis; s. auch AnwK RVG/Thiehl/N. Schneider, 9. Aufl., 2021, § 33 RVG Rn 76).
Zutreffend hat das OVG Münster bei der Bemessung des Gegenstandswertes auch die Gebührendifferenz bei der gerichtlichen Verfahrensgebühr mit einbezogen. Denn der Kläger ist gem. § 22 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 GKG als Antragsteller der Instanz Kostenschuldner der Gerichtskosten und damit durch einen zu hohen Streitwert beschwert.
Ich vermisse jedoch Ausführungen dazu, wer die Kosten des vorangegangenen Verwaltungsstreitverfahrens zu tragen hat und ob der oder die Beklagte anwaltlich vertreten war. Hat der Kläger in dem Verwaltungsrechtsstreit obsiegt, spielt dies keine Rolle. Hat er jedoch die Kosten des Rechtsstreits zu tragen und war der Beklagte anwaltlich vertreten, hat er nach § 162 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 VwGO auch die gegnerischen Anwaltskosten zu erstatten. In diesem Fall müsste auch die Gebührendifferenz betreffend die Kosten des Beklagtenvertreters in die Bemessung des Gegenstandswertes mit einbezogen werden. Denn im Falle des Erfolgs der Streitwertbeschwerde berechnen sich auch die Anwaltsgebühren des erstattungsberechtigten Beklagten nach dem geringeren Streitwert.
4. Festsetzung für wen?
In der Praxis ist immer wieder festzustellen, dass die Gerichte in ihrem Gegenstandswert-Festsetzungsbeschluss nicht klarstellen, für wen die Festsetzung erfolgt ist. Denn der Festsetzungsbeschluss wirkt nur für oder gegen den Antragsteller, nicht hingegen für andere in § 33 Abs. 2 S. 2 RVG aufgeführte Antragsberechtigte. Er erstreckt sich insbesondere nicht auch auf den Gegenanwalt (s. AnwK RVG/Thiel/N. Schneider, a.a.O., § 33 RVG Rn 72). Dies ergibt sich aus Folgendem: Sind dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden, bestimmt sich das Interesse des Beklagten und seines Rechtsanwalts, die auf die Herabsetzung gerichteten Streitwertbeschwerde abzuwehren, allein nach der Differenz der Anwaltsgebühren des Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Die gerichtliche Verfahrensgebühr berührt nicht die Interessen des Beklagten, da er dafür weder als Antragsteller noch als Entscheidungsschuldner nach § 29 GKG haftet. Auch die Anwaltsgebühren des Prozessbevollmächtigten des Klägers sind für den Beklagten ohne Belang. Somit ist ggf. für den Prozessbevollmächtigten des Beklagten für dessen Vertretung im Streitwertbeschwerdeverfahren ein anderer Gegenstandswert festzusetzen als für den Rechtsanwalt des Klägers. Dies muss auch im Tenor des Festsetzungsbeschlusses zum Ausdruck kommen, was das ...