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Während sich der Streitwert eines Rechtsmittelverfahrens gem. § 47 Abs. 1 GKG nach den gestellten Anträgen richtet, richtet sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Auftrag. Diese Werte können auseinanderfallen, wie der BGH (S. 430) kürzlich wieder bestätigt hat. Der nachfolgende Beitrag soll die verschiedenen Fallkonstellationen anhand von Beispielen erläutern.
I. Gerichtsgebühren
Ausgangspunkt für die Berechnung des Streitwerts in einem Rechtsmittelverfahren ist § 47 Abs. 1 GKG. Maßgebend ist gem. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG zunächst einmal der gestellte Rechtsmittelantrag, der nicht schon bei Einreichung des Rechtsmittels gestellt werden muss, sondern bis zum Ablauf der Begründungsfrist bzw. der verlängerten Frist gestellt werden kann. Wird das Rechtsmittel danach nur beschränkt durchgeführt, richten sich die Gerichtsgebühren nur nach dem Wert des beschränkten Antrags.
Beispiel 1: Beschränkte Berufung
Der Beklagte ist erstinstanzlich zur Zahlung von 15.000,00 EUR verurteilt worden. Er lässt durch seinen Anwalt Berufung einlegen. Innerhalb der Berufungsfrist wird beantragt, das Urteil abzuändern, soweit der Beklagte zu einer höheren Zahlung als 7.000,00 EUR verurteilt worden ist.
Die Berufung richtet sich nur gegen die weitergehenden 8.000,00 EUR, sodass dieser Betrag den Streitwert bildet. Angefallen ist damit aus dem Wert von 8.000,00 EUR eine 4,0-Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen (Nr. 1220 GKG KV), die sich im späteren Verlauf des Verfahrens unter den Voraussetzungen der Nrn. 1221 ff. GKG KV ermäßigen kann.
4,0-Gebühr, Nr. 1220 GKG KV |
896,00 EUR |
(Wert: 8.000,00 EUR) |
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Wird kein Antrag gestellt, gilt der volle Wert der Beschwer (§ 47 Abs. 1 S. 2 GKG).
Beispiel 2: Berufung ohne Antrag
Der Beklagte ist erstinstanzlich zur Zahlung von 15.000,00 EUR verurteilt worden. Er lässt durch seinen Anwalt Berufung einlegen. Die Berufung wird zurückgenommen, ohne dass ein Antrag gestellt worden ist.
Jetzt beläuft sich der Streitwert auf den vollen Wert der Beschwer, also auf 15.000,00 EUR. Allerdings reduziert sich die Gerichtsgebühr auf einen Gebührensatz von 1,0 (Nr. 1221 GKG KV). Abzurechnen ist jetzt wie folgt:
1,0-Gebühr, Nrn. 1220, 1221 GKG KV |
324,00 EUR |
(Wert: 15.000,00 EUR) |
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Der volle Wert gilt auch dann, wenn zwar noch ein Antrag gestellt wird, dieser aber erst nach Ablauf der – ggf. verlängerten – Begründungsfrist bei Gericht eingeht (§ 47 Abs. 1 S. 2 GKG).
Beispiel 3: Berufung ohne rechtzeitigen Antrag
Der Beklagte ist erstinstanzlich zur Zahlung von 15.000,00 EUR verurteilt worden. Er lässt durch seinen Anwalt Berufung einlegen. Später wird beantragt, das Urteil des Gerichts abzuändern, soweit der Beklagte zu einer höheren Zahlung als 7.000,00 EUR verpflichtet worden ist. Der Antrag geht erst nach Ablauf der Begründungsfrist bei Gericht ein.
Auch jetzt beläuft sich der Streitwert auf den vollen Wert der Beschwer, also auf 15.000,00 EUR. Der verspätete Antrag ist unerheblich. Wird jetzt die Berufung zurückgenommen, reduziert sich die Gerichtsgebühr auf einen Gebührensatz von 2,0 (Nr. 1222 GKG KV), sodass wie folgt abzurechnen ist:
2,0-Gebühr, Nrn. 1220, 1222 GKG KV |
648,00 EUR |
(Wert: 15.000,00 EUR) |
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Wird die Berufung sogar als unzulässig verworfen, bleibt es bei der vollen 4,0-Gebühr, sodass wie folgt abzurechnen wäre:
4,0-Gebühr, Nrn. 1222 GKG KV |
1.296,00 EUR |
(Wert: 15.000,00 EUR) |
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II. Anwaltsvergütung
1. Überblick
Zwar richtet sich der Gegenstandswert der Anwaltsgebühren in einem gerichtlichen Verfahren gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG ebenfalls nach den für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Werten und die Wertfestsetzung des Gerichts ist grds. auch für den Anwalt bindend (§ 32 Abs. 1 RVG); jedoch ist hier bei beschränkten Rechtsmitteln ggf. anders abzurechnen, wie der BGH mehrfach klargestellt hat. Zu differenzieren ist danach, wann der Mandant den Auftrag beschränkt hat.
2. Von vornherein beschränkter Auftrag
Erteilt der Mandant von vornherein dem Anwalt den Auftrag, die Berufung nur beschränkt einzulegen, dann richten sich alle Gebühren im Berufungsverfahren nur nach dem Wert der durchgeführten Berufung. Insoweit stimmt der Gegenstandswert mit dem Verfahrenswert überein.
Beispiel 4: Von vornherein beschränkter Berufungsauftrag
Der Beklagte ist erstinstanzlich zur Zahlung von 15.000,00 EUR verurteilt worden. Er beauftragt den Anwalt wegen der über 7.000,00 EUR hinausgehenden Verurteilung, also wegen 8.000,00 EUR, Berufung einzulegen, was dieser veranlasst. Über die Berufung wird mündlich verhandelt.
Sämtliche Gebühren berechnen sich lediglich nach dem Wert von 8.000,00 EUR.
1. |
1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV |
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803,20 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV |
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602,40 EUR |
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(Wert: 8.000,00 EUR) |
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3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.425,60 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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270,86 EUR |
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Gesamt |
1.696,46 EUR |
War dem Anwalt zuvor ein unbeschränkter Auftrag zur Prüfung der Erfolgsaussicht des gesamten Rechtsmittels erteilt worden und hat er im Rahmen dieses Auftrags vom umfassenden Rechtsmittel abgeraten, sodass das Rechtsmittel...