1. Vorherige Anhörung im Kostenfestsetzungsverfahren
Das KG hat zunächst ausgeführt, es entspreche nicht dem rechtsstaatlichen Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, im Kostenfestsetzungsverfahren einen Kostenfestsetzungsbeschluss zu erlassen, ohne den Erstattungspflichtigen zuvor zu dem Kostenfestsetzungsantrag anzuhören. Diese in der Praxis weit verbreitete Übung sei nicht mit dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs zu vereinbaren. Art. 103 Abs. 1 GG gebe nämlich den Beteiligten ein Recht zur Äußerung über Tatsachen, Beweisergebnisse und die Rechtslage. Hierfür sei im Regelfall nur eine vorherige Anhörung sinnvoll. Eine Ausnahme gelte nur, wenn eine vorherige Anhörung den Zweck der Maßnahme vereitele oder wenn die Entscheidung nach vorheriger Anhörung zu spät käme (BVerfG NVwZ 2009, 580). Hier hat nach Auffassung des KG keiner dieser Ausnahmefälle vorgelegen, sodass die vorherige Anhörung des Klägers zwingend geboten sei (OLG Düsseldorf AGS 2012, 42; OLG Celle AGS 2008, 367 = RVGreport 2008, 398).
2. Anhörung auch in einfachen Fällen
Nach den weiteren Ausführungen des KG darf vor Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses die gebotene Anhörung des Erstattungspflichtigen auch in sog. einfachen Fällen nicht unterbleiben. Der rechtliche Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs erfahre insoweit keine Einschränkung. Auch bei einer vermeintlich eindeutigen Rechtslage müsse der Erstattungspflichtige folglich Gelegenheit erhalten, seine Rechtsposition darzustellen. Er dürfe nicht mit der Entscheidung über einen Antrag des Gegners überrascht werden, den er nicht kenne. Außerdem lässt sich nach den weiteren Ausführungen des KG regelmäßig erst nach Anhörung des Erstattungspflichtigen sicher feststellen, ob tatsächlich ein einfacher und zweifelsfreier Sachverhalt vorliege (OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Celle, a.a.O.).
3. Spätere Heilung des Verfahrensmangels
Nach Auffassung des KG ist hier der Mangel des rechtlichen Gehörs im Abhilfe- und Beschwerdeverfahren geheilt worden. Liege ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör vor, komme es regelmäßig darauf an, ob sich dieser ausgewirkt habe. Ein derartiger Verfahrensfehler, der keine Auswirkungen auf die Sachentscheidung habe, zwinge dann nicht zu deren Änderung oder gar Aufhebung. Folglich beruhe nach Art. 103 Abs. 1 GG eine Entscheidung nur dann auf einem Gehörsverstoß, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Anhörung zu einem für den Betroffenen günstigeren Ergebnis geführt hätte.
Ist eine Heilung des Verfahrensmangels – so fährt das KG fort – im Rechtsmittelzug eingetreten, beruhe die Entscheidung, die unter Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs zustande gekommen ist (hier der Kostenfestsetzungsbeschl. des Rechtspflegers v. 20.11.2023) und dann aufrecht erhalten werde, und damit auch der Bestand der Ausgangsentscheidung regelmäßig nicht mehr auf dem Verstoß. Somit könne eine Heilung des Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG eintreten, wenn das rechtliche Gehör im Rechtsmittelzug gewährt werde und das Rechtsmittelgericht in der Lage sei, das Vorbringen zu berücksichtigen.
Diese Voraussetzungen haben hier nach Auffassung des KG vorgelegen. Das KG hat ausgeschlossen, dass der Rechtspfleger des LG über den Beginn der Verzinsung des festgesetzten Erstattungsbetrages, den der Kläger hier allein gerügt hatte, anders entschieden hätte, wenn er dem Kläger vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses das rechtliche Gehör gewährt hätte.