ZPO §§ 114, 122 Abs. 2 Nr. 1b, 123
Leitsatz
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat auf die Verpflichtung, dem Gegner die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten, keinen Einfluss; sie bewirkt, dass die Bundes- oder Landeskasse die auf sie übergegangenen Ansprüche gegen die Partei geltend machen kann.
OLG Oldenburg, Beschl. v. 7.11.2008–11 WF 248/08
1 Sachverhalt
Im Ausgangsverfahren war beiden Parteien des Rechtsstreits ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Nach Durchführung einer Beweisaufnahme wurde der Beklagte in der Hauptsache sowie zur Tragung der Verfahrenskosten verurteilt. Der beigeordnete Prozessbevollmächtigte des Klägers machte in der Folgezeit Vergütungsansprüche in Höhe von 557,28 EUR geltend, die von der Staatskasse befriedigt wurden. In Höhe dieses Betrages wurde der Beklagte durch Kostenrechnung in Anspruch genommen. Auf seine Erinnerung hat das Gericht durch Beschluss die Kostenrechnung wieder aufgehoben. Hiergegen wendet sich der Bezirksrevisor mit seiner Beschwerde, in der er auf eine frühere Entscheidung des Senats und eine seitdem praktizierte Übung verweist.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 2 GKG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Denn die Entscheidung des AG, das sich dem OLG München (in FamRZ 2001, 1156 f.) angeschlossen hat, widerspricht der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 123 ZPO. Danach hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die Verpflichtung, dem Gegner die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten, keinen Einfluss. Hier nimmt zwar nicht der Kläger unmittelbar den Beklagten gem. § 103 Abs. 1 ZPO auf Kostenerstattung in Anspruch. Dies hat seinen Grund aber allein darin, dass sein Anspruch im Wege der cessio legis gem. § 59 Abs. 1 S. 1 RVG auf die Staatskasse übergegangen ist, die den beigeordneten Prozessbevollmächtigten bereits (zum Teil) befriedigt hat.
Die Vorschrift des § 122 Abs. 1 Nr. 1 b ZPO steht der Kostenerstattungspflicht des Beklagten ebenfalls nicht entgegen. Danach bewirkt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, dass die Bundes- oder Landeskasse die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann. Wenn aus dem in der Vorschrift verwendeten Plural "Rechtsanwälte" der Schluss gezogen wird, dass diese Regelung auch den Kostenerstattungsanspruch des gegnerischen Rechtsanwalts betreffe (s. Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 122 Rn 6; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 122 Rn 8), so erscheint dies im Lichte des § 123 ZPO keinesfalls zwingend, ist diese Formulierung doch auch dann geboten, wenn man die Möglichkeit der Beiordnung eines Verkehrsanwalts gem. § 121 Abs. 4 ZPO berücksichtigt, so dass einer Partei dann mehrere Rechtsanwälte beigeordnet sind.
Betrachtet man die Konsequenz der amtsgerichtlichen Entscheidung, so wird deutlich, dass diese nicht mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist. Dieses gebietet es zwar, eine prozesskostenhilfebedürftige Partei nicht schlechter zu stellen als eine Partei, die die Kosten ihrer Rechtsverfolgung selbst tragen muss. Dass die Letztere aber schlechter steht, wenn sie in einem Rechtsstreit unterliegt, weil sie sich einem Kostenerstattungsanspruch der obsiegenden Partei ausgesetzt sieht, ist ebenso wenig einsehbar wie die eher zufällige Freiheit von der Kostenerstattungspflicht, weil auch der Gegner Prozesskostenhilfe erhalten hatte.
Der Senat sieht daher keine Veranlassung, seine in dem Beschluss 11 WF 110/03 v. 23.9.2003 zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung, mit der er dem BGH gefolgt ist (s. BGH JurBüro 1997, 648), zu ändern, sondern bestätigt diese ausdrücklich (im Ergebnis ebenso Baumbach/Lauterbach u.a., ZPO, 66. Aufl., § 123 Rn 4 a.E.; Motzer, in: Münchener Kommentar ZPO, 3. Aufl., § 123 Rn 1; OLG Koblenz FamRZ 2008, 805; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 2003; OLG Zweibrücken OLGR 2008, 658 sowie die in der Stellungnahme des Beschwerdeführers v. 29.8.2008 zitierten weiteren Entscheidungen).