Leitsatz (amtlich)
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat auf die Verpflichtung, dem Gegner die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten, keinen Einfluss; sie bewirkt, dass die Bundes- oder Landeskasse die auf sie übergegangenen Ansprüche gegen die Partei geltend machen kann (gegen OLG München FamRZ 2001, 1156).
Verfahrensgang
AG Osnabrück (Beschluss vom 08.09.2008; Aktenzeichen 87 F 71/07 KI) |
Tenor
I. Das Verfahren wird gem. § 66 Abs. 6 S. 2 GKG dem Senat zur Entscheidung übertragen.
II. Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 26.9.2008 wird der Beschluss des AG - FamG - Osnabrück vom 8.9.2008 geändert und der Kostenansatz gemäß Kostenrechung vom 12.8.2008 bestätigt.
Gründe
Im Ausgangsverfahren war beiden Parteien des Rechtsstreits ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Nach Durchführung einer Beweisaufnahme wurde der Beklagte in der Hauptsache sowie zur Tragung der Verfahrenskosten verurteilt. Der beigeordnete Prozessbevollmächtigte des Klägers machte in der Folgezeit Vergütungsansprüche i.H.v. 557,28 EUR geltend, die von der Staatskasse befriedigt wurden. In Höhe dieses Betrages wurde der Beklagte durch Kostenrechnung vom 12.8.2008, die auf seine Erinnerung durch den angefochtenen Beschluss aufgehoben wurde, in Anspruch genommen. Hiergegen wendet sich der Bezirksrevisor mit seiner Beschwerde, in der er auf eine frühere Entscheidung des Senats und eine seitdem praktizierte Übung verweist.
Die Beschwerde ist gem. § 66 Abs. 2 GKG zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Denn die Entscheidung des AG, das sich dem OLG München (in FamRZ 2001, 1156 f.) angeschlossen hat, widerspricht der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 123 ZPO. Danach hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die Verpflichtung, dem Gegner die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten, keinen Einfluss. Hier nimmt zwar nicht der Kläger unmittelbar den Beklagten gem. § 103 Abs. 1 ZPO auf Kostenerstattung in Anspruch. Dies hat seinen Grund aber allein darin, dass sein Anspruch im Wege der cessio legis gem. § 59 Abs. 1 S. 1 RVG auf die Staatskasse übergegangen ist, die den beigeordneten Prozessbevollmächtigten bereits (zum Teil) befriedigt hat.
Die Vorschrift des § 122 Abs. 1 Nr. 1b ZPO steht der Kostenerstattungspflicht des Beklagten ebenfalls nicht entgegen. Danach bewirkt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, dass die Bundes- oder Landeskasse die auf sie übergegangenen Ansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Partei nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann. Wenn aus dem in der Vorschrift verwendeten Plural "Rechtsanwälte" der Schluss gezogen wird, dass diese Regelung auch den Kostenerstattungsanspruch des gegnerischen Rechtsanwalts betreffe (s. Zöller/Philippi, ZPO; 26. Aufl., § 122 Rz. 6; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 122 Rz. 8), so erscheint dies im Lichte des § 123 ZPO keinesfalls zwingend, ist diese Formulierung doch auch dann geboten, wenn man die Möglichkeit der Beiordnung eines Verkehrsanwalts gem. § 121 Abs. 4 ZPO berücksichtigt, so dass einer Partei dann mehrere Rechtsanwälte beigeordnet sind.
Betrachtet man die Konsequenz der amtsgerichtlichen Entscheidung, so wird deutlich, dass diese nicht mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist. Dieses gebietet es zwar, eine prozesskostenhilfebedürftige Partei nicht schlechter zu stellen als eine Partei, die die Kosten ihrer Rechtsverfolgung selbst tragen muss. Dass die letztere aber schlechter steht, wenn sie in einem Rechtsstreit unterliegt, weil sie sich einem Kostenerstattungsanspruch der obsiegenden Partei ausgesetzt sieht, ist ebenso wenig einsehbar wie die eher zufällige Freiheit von der Kostenerstattungspflicht, weil auch der Gegner Prozesskostenhilfe erhalten hatte.
Der Senat sieht daher keine Veranlassung, seine in dem Beschluss 11 WF 110/03 vom 23.9.2003 zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung, mit der er dem BGH gefolgt ist (s. BGH JurBüro 1997, 648), zu ändern sondern bestätigt diese ausdrücklich (im Ergebnis ebenso Baumbach/Lauterbach u.a., ZPO, 66. Aufl., § 123 Rz. 4 a.E.; Motzer: in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 123 Rdn1; OLG Koblenz FamRZ 2008, 805; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 2003; OLG Zweibrücken OLGReport Zweibrücken 2008, 658 sowie die in der Stellungsnahme des Beschwerdeführers vom 29.8.2008 zitierten weiteren Entscheidungen).
Die Kostenrechnung des AG vom 12.8.2008 war daher wieder herzustellen.
Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf die Regelung in § 66 Abs. 8 GKG entbehrlich.
Fundstellen
FamRZ 2009, 633 |
JurBüro 2009, 97 |
Rpfleger 2009, 90 |
AGS 2009, 505 |
OLGR-Nord 2009, 491 |