ZPO § 3
Leitsatz
Der Streitwert einer Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich ist nicht durch eine Quote, sondern durch das Interesse des klagenden Ehegatten an der vorzeitigen Auflösung der Zugewinngemeinschaft bestimmt. Dieses liegt in der Vorverlegung der Fälligkeit der Forderung auf Zugewinnausgleich. Maßgebend für den Streitwert ist die Verzinsung des Forderungsbetrags.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 28.5.2009–16 WF 35 F/09
1 Sachverhalt
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute, deren Ehescheidungsverfahren seit mehreren Jahren beim FamG anhängig ist. Die Folgesache Zugewinnausgleich ist anhängig, aber nicht entscheidungsreif. Der Kläger, der von einem Zugewinnausgleichsanspruch zu seinen Gunsten in Höhe von 821.500,00 EUR ausgeht, hatte daraufhin Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich (§ 1385 BGB) erhoben, der durch Urteil des FamG stattgegeben wurde. Der Streitwert des Verfahrens wurde auf 250.000,00 EUR festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, die der Auffassung ist, der Gegenstandswert betrage lediglich 17.080,00 EUR, jedenfalls weniger als der festgesetzte Wert. Sie geht dabei von einem zu erwartenden Zugewinnausgleichsanspruch von maximal 213.500,00 EUR aus und nimmt als Streitwert wegen des Interesses des Klägers an der vorzeitigen Beendigung des Güterstandes die Verzinsung der Forderung für ein Jahr an.
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Der Beschwerdeführerin ist darin zuzustimmen, dass der Streitwert nicht durch eine Quote zu bestimmen ist, sondern durch das Interesse des klagenden Ehegatten an der vorzeitigen Auflösung der Zugewinngemeinschaft. Dies ist im vorliegenden Fall die Vorverlegung der Fälligkeit der Forderung auf Zugewinnausgleich. Die Parteien haben sich insoweit auf den 1.6.2009 geeinigt. Anzuwenden ist der derzeitige Satz für Prozess- und Verzugszinsen von 6,62 % (Februar 2009), da eine Prognose über die künftige Entwicklung des Zinssatzes nicht möglich ist.
Allerdings wird das Verfahren über den Zugewinnausgleich aller Wahrscheinlichkeit nach noch vier bis fünf Jahre dauern, da die Bewertung verschiedener Immobilien und der Anwaltskanzlei des Klägers noch nicht abgeschlossen und zudem mit einem Rechtsmittel einer der Parteien zu rechnen ist.
2. Für die Wertfestsetzung nach § 3 ZPO ist das Interesse des Klägers entscheidend (vgl. Musielak/Heinrich, ZPO, 4. Aufl., Rn 6 zu § 3), das hier 821.500,00 EUR beträgt. Der vom Familiengericht festgesetzte Streitwert von 250.000,00 EUR entspricht einer Verzinsung von 6,62 % für einen Zeitraum von 4,6 Jahren. Daran ist nichts auszusetzen.
3 Anmerkung
Anders bewertet hatte bislang der BGH. Dieser hat nämlich einen Bruchteil der Zugewinnforderung angenommen und diesen mit einem Viertel angesetzt. Das hätte hier einen Streitwert in Höhe von 205.375,00 EUR ergeben. Die Festsetzung des OLG Stuttgart ist allerdings überzeugender.
Nach dem ab dem 1.9.2009 geltenden Recht handelt es sich bei einer Klage auf vorzeitigen Zugewinnausgleich um eine Familienstreitsache nach § 265 Abs. 1 FamFG. Die Bewertung folgt mangels einer speziellen Regelung nach § 42 Abs. 1 FamGKG und richtet sich nach billigem Ermessen. Die vom OLG Stuttgart angenommene Bewertungsmethode kann daher auch nach neuem Recht weiter angewandt werden.
Norbert Schneider