Das Beschwerdegericht meint, eine entstandene außergerichtliche Geschäftsgebühr sei teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, soweit es sich um denselben Gegenstand handle. § 15a Abs. 2 RVG sei gem. dem in § 60 Abs. 1 RVG bestimmten Grundsatz dagegen auf Altfälle nicht anzuwenden, denn die Regelung enthalte nicht nur eine Klarstellung, sondern sei als Gesetzesänderung anzusehen. Sie sei eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Rspr. des BGH, deren Auswirkungen für die Zukunft korrigiert werden sollten, und verhindere – erstmals – unerwünschte Auswirkungen einer Anrechnung.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen (§ 575 ZPO) zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, die durch die Tätigkeit des Anwalts im Rechtsstreit entstanden ist, ist im Verfahren der Kostenfestsetzung in voller Höhe in Ansatz zu bringen und nicht aufgrund der Vorschrift in der Vorbem. 3 Abs. 4 VV über die hälftige Anrechnung der wegen desselben Gegenstands entstandenen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV zu kürzen.
Diese Regelung zur Anrechnung der Geschäftsgebühr betrifft lediglich das Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten und wirkt sich daher im Verhältnis zu Dritten – also insbesondere im Kostenfestsetzungsverfahren – grundsätzlich nicht aus (vgl. BGH, Beschl. v. 29.4.2010 – V ZB 38/10, AGS 2010, 263 f.; v. 11.3.2010 – IX ZB 82/08, AGS 2010, 159 u. v. 9.12.2009 – XII ZB 175/07, NJW 2010, 1375 Rn 16). Eine Anrechnung findet im Rahmen der Kostenfestsetzung allein in den Fällen statt, die nunmehr in § 15a Abs. 2 RVG gesetzlich geregelt sind.
§ 15a RVG stellt nur eine bloße Klarstellung der bestehenden Gesetzeslage dar und findet somit auch dann Anwendung, wenn die Auftragserteilung des Erstattungsberechtigten an seinen Prozess- bzw. Verfahrensbevollmächtigten vor dem 5.8.2009 – dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift – erfolgte. Dies hat der XII. Zivilsenat im Beschl. v. 9.12.2009 (a.a.O. Rn 15 ff.) im Einzelnen dargelegt; dem tritt der erkennende Senat bei (vgl. auch BGH, Beschl. v. 28.7.2010 – XII ZB 251/10, Rn 6; vom 7.7.2010 – XII ZB 79/10, Rn 6; v. 23.6.2010 – XII ZB 58/10, Rn 6; v. 17.6.2010 – V ZB 176/09, Rn 5; v. 29.4.2010, a.a.O.; v. 31.3.2010 – XII ZB 20/10, Rn 6 f.; v. 31.3.2010 – XII ZB 230/09, AGS 2010, 256 f.; v. 11.3.2010, a.a.O. u. v. 3.2.2010 – XII ZB 177/09, FamRZ 2010, 806, Rn 10 ff.; offen gelassen in BGH, Beschl. v. 29.9.2009 – X ZB 1/09, NJW 2010, 76 Rn 25 und v. 9.9.2009 – Xa ZB 2/09, FamRZ 2009, 2082 Rn 7).
Der Senat hält an seiner vor Erlass des § 15a RVG zum Verständnis der Vorbem. 3 Abs. 4 VV vertretenen Auffassung (vgl. Senatsbeschlüsse v. 24.9.2008 – IV ZB 26/07, Rn 6, 9; v. 25.7.2008 – IV ZB 16/08, VersR 2008, 1666 Rn 8 und v. 16.7.2008 – IV ZB 24/07, VersR 2009, 236 Rn 7) nicht mehr fest und erachtet wie der VIII. Senat (vgl. Beschl. v. 10.8.2010 – VIII ZB 15/10 unter II 2 c) ein Vorgehen nach § 132 GVG für nicht geboten.
2. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat der Senat gem. § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache selbst zu entscheiden.
Nachdem keiner der Ausnahmefälle des § 15a Abs. 2 RVG ersichtlich ist, kann sich der Kläger auf die Anrechnungsvorschrift in Vorbem. 3 Abs. 4 VV nicht berufen. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV ist für die Kostenausgleichung in voller Höhe zu berücksichtigen, der Beschluss des Beschwerdegerichts daher aufzuheben und der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG zu ändern. Die vom Kläger dem Beklagten zu erstattenden Kosten sind somit antragsgemäß auf 919,28 EUR nebst Zinsen (§ 104 Abs. 1 S. 2 ZPO) festzusetzen.