RVG § 59 ZPO §§ 91, 104 ArbGG § 12a JVEG §§ 5, 20
Leitsatz
Werden einer Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist und die im Rechtsstreit obsiegt hat, Fahrtkosten zur Wahrnehmung eines Termins, zu dem sie persönlich geladen worden ist, nicht aus der Staatskasse erstattet, kann sie diese Kosten gegenüber dem unterlegenen Prozessgegner gem. §§ 103 ff. ZPO festsetzen lassen.
LAG Nürnberg, Beschl. v. 12.11.2010 – 4 Ta 145/10
1 Sachverhalt
Dem Kläger sind für den von ihm geführten Kündigungs- und Zahlungsrechtsstreit Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und ihm ein Rechtsanwalt und ein Verkehrsanwalt beigeordnet worden.
Zu dem Verhandlungstermin ist der persönlich geladene Kläger angereist.
Der Rechtsstreit endete durch ein der Klage stattgebendes Endurteil, in dem der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt worden sind.
Der Kläger beantragte daraufhin beim ArbG die Erstattung von Fahrtkosten i.H.v. 177,50 EUR und eine Entschädigung wegen Zeitversäumnis i.H.v. 24,00 EUR aus der Staatskasse. Dies wurde von dem zuständigen Rechtspfleger mit der Begründung abgelehnt, Parteikosten könnten im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht erstattet werden. Der Kläger wurde darauf verwiesen, seine Kosten gegenüber dem Kostenschuldner nach §§ 103 ff. ZPO festsetzen zu lassen.
Daraufhin begehrte der Kläger die Festsetzung von Fahrtkosten und einer Entschädigung für Zeitversäumnis gegenüber dem Prozessgegner in obiger Höhe gem. § 104 ZPO i.V.m. §§ 5, 20 JVEG.
Der Rechtspfleger hat das Gesuch zurückgewiesen. Er hat dies damit begründet, die Erstattungsansprüche des Klägers seien in entsprechender Anwendung des § 59 RVG auf die Staatskasse übergegangen, der Kläger damit nicht mehr aktivlegitimiert. Im Übrigen könne eine Partei, der PKH bewilligt worden sei, "an der Staatskasse vorbei" keine Fahrtkosten gegenüber dem unterlegenen Prozessgegner durchsetzen.
Dagegen hat der Klägers sofortige Beschwerde erhoben, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat. Das LAG hat der Beschwerde teilweise stattgegeben.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist sachlich nur zum Teil begründet.
Auf Antrag des Klägers sind die ihm entstandenen Fahrtkosten i.H.v. 177,50 EUR gegenüber der Beklagten als Kostenschuldnerin gem. § 104 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 5 Abs. 1 und 2 JVEG festzusetzen.
Die Kosten, die dem Kläger durch die persönliche Teilnahme an der Sitzung entstanden sind, stellen notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO dar. Die Kostenerstattung ist durch die Sonderregelung des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG auch nicht ausgeschlossen.
Die Aktivlegitimation des Klägers wird entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts durch die Regelung in § 59 RVG nicht berührt.
Das Erstgericht hatte eine Erstattung der Fahrtkosten aus der Staatskasse – entgegen der Rechtsansicht des LAG Schleswig-Holstein (Beschl. v. 22.3.2007 – 2 Ta 124/07), der auch die Beschwerdekammer zuneigt – nämlich zuvor abgelehnt und den Kläger gerade auf das Verfahren nach den §§ 103 ff. ZPO verwiesen.
Insoweit verhält sich das Erstgericht nicht nur widersprüchlich, sondern verkennt auch den Regelungsgehalt des § 59 RVG, der nur einen Forderungsübergang auf die Staatskasse hinsichtlich der Ansprüche vorsieht, die zuvor im Rahmen der bewilligten PKH aus der Staatskasse befriedigt worden sind.
An einer solchen Konstellation fehlt es im vorliegenden Fall nach der zuvor erfolgten Ablehnung einer Fahrtkostenerstattung aus der Staatskasse.
Die Beschwerde bleibt erfolglos, soweit der Kläger im Kostenerstattungsverfahren gegenüber der Beklagten Entschädigungsansprüche für Zeitversäumnis im Rahmen des § 20 JVEG i.Hv. 24,00 EUR geltend macht.
Insoweit steht dem Erstattungsanspruch der obsiegenden Partei im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Sonderregelung des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG entgegen.
Ein Anspruch auf Tagegeld wird im Rahmen des § 6 JVEG nicht geltend gemacht, sodass die Voraussetzungen hierfür nicht zu prüfen sind.