StPO § 68b RVG § 51 RVG VV Nr. 4301 Nr. 4
Leitsatz
- Die Bewilligung einer Pauschgebühr kann auch für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Nr. 4 VV beantragt werden, wenn sich die gesetzliche Gebühr als unangemessen niedrig erweisen sollte. In einem solchen Fall steht auch einem Rechtsanwalt, der nach § 68b StPO einem Zeugen als Vernehmungsbeistand beigeordnet worden ist, eine Pauschgebühr zu.
- Im Rahmen der Prüfung nach § 51 RVG ist der Umfang der Beiordnung maßgeblich. Darüber hinaus entfaltete Tätigkeiten sind bei der Festsetzung einer Pauschgebühr nicht zu berücksichtigen.
OLG Jena, Beschl. v. 27.1.2011 – 1 AR (S) 69/10
1 Sachverhalt
Durch Beschl. der 1. Strafkammer des LG wurde Rechtsanwältin M dem Zeugen E K als Zeugenbeistand gem. § 68b S. 1 a.F. StPO beigeordnet. Rechtsanwältin M war zum Hauptverhandlungstermin am 8.10.2007 um 09.15 Uhr geladen worden und ist auch pünktlich erschienen. Der Zeuge K war jedoch zum Hauptverhandlungstermin vom 8.10.2007 erst für 15.00 Uhr geladen worden und ist kurzfristig zu dem Fortsetzungstermin vom 11.10.2007, 9.15 Uhr, umgeladen worden. Hierüber war Rechtsanwältin M versehentlich nicht informiert worden. Zum Fortsetzungstermin am 11.10.2007 erschien der Zeuge K erst um 11.05 Uhr und wurde bis 11.35 Uhr vernommen.
Mit Antrag vom 11.10.2007 begehrte Rechtsanwältin M für ihre Tätigkeit als Zeugenbeistand u.a. Gebühren i.H.v. 688,00 EUR nach Nrn. 4100, 4112 und 4114 VV. Die Rechtspflegerin bei dem LG setzte die Gebühren lediglich auf 168,00 EUR (Nr. 4301 VV) fest.
Auf die Erinnerung der Rechtsanwältin bestätigte das LG diese Entscheidung. Die hiergegen erhobene Beschwerde verwarf der Senat.
Mit Schriftsatz vom 4.11.2009 hat Rechtsanwältin M beantragt, ihr eine angemessene Pauschgebühr, mindestens aber eine solche i.H.v. 650,00 EUR zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu bewilligen.
Dazu hat sie vorgetragen, dass ihre Tätigkeit über die Beratung des Zeugen über sein Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht weit hinausgegangen wäre. In Vorbereitung der Hauptverhandlung hätten mehrere Besprechungen mit dem Zeugen stattgefunden. Die dem Angeklagten S zur Last gelegten Tatvorwürfe seien nicht Gegenstand der Verurteilung des Zeugen K vor dem LG Zwickau gewesen. Insoweit seien mehrere Besprechungen auch zur Wahrnehmung eines partiellen Zeugnisverweigerungsrechts geführt worden, zumal gegen den Zeugen K weitere Ermittlungsverfahren anhängig waren und sich hier Überschneidungen ergeben hätten. Sie sei vor dem LG zu zwei Hauptverhandlungsterminen erschienen.
Der Bezirksrevisor hat beantragt, die Bewilligung einer Pauschgebühr abzulehnen.
2 Aus den Gründen
Der Antrag auf Festsetzung einer Pauschgebühr ist im bezeichneten Umfang gegeben. Der weitergehende Antrag war zurückzuweisen.
Die Bewilligung einer Pauschgebühr kann auch für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Nr. 4 VV beantragt werden, wenn sich die gesetzliche Gebühr als unangemessen niedrig erweisen sollte. In einem solchen Fall steht auch einem Rechtsanwalt, der nach § 68b StPO einem Zeugen als Vernehmungsbeistand beigeordnet worden ist, eine Pauschgebühr zu (vgl. Beschl. d. Senats v. 9.2.2009 – 1 Ws 370/08).
Rechtsanwältin M wurde dem Zeugen K nach § 68b S. 1 a.F. StPO als Vernehmungsbeistand beigeordnet. Auch wenn im Beiordnungsbeschluss nicht ausdrücklich eine Beiordnung für die Dauer der Vernehmung erfolgt ist, so ergab sich dies aus der gesetzlichen Formulierung in § 68b S. 1 a.F. StPO eindeutig. Im Übrigen ist die gerichtliche Beiordnung eines Beistands außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle gem. §§ 68b Abs. 2, 406 Abs. 3, Abs. 4 StPO ausgeschlossen (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53 Aufl., vor § 48 Rn 11 m.w.Nachw.). Die Beiordnung beschränkt sich auf die Dauer der Vernehmung, d.h. auf alle Vorgänge, die mit ihr in enger Verbindung stehen oder sich aus ihr entwickeln. Sie umfasst auch ein vorheriges Beratungsgespräch mit dem Zeugen und endet grundsätzlich mit seiner Entlassung (vgl. Meyer-Goßner a.a.O., § 68b Rn 12).
Das Erfordernis des Umfangs der vorangegangenen Beratung ergibt sich hier aus den Besonderheiten des Falles. Die Antragstellerin hat in ihrem Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr vorgetragen, dass ihre Tätigkeit über die Beratung des Zeugen über sein Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht weit hinausgegangen ist. Insoweit ist mit der Vertreterin der Staatskasse davon auszugehen, dass dies im Rahmen der Prüfung nach § 51 RVG nicht berücksichtigt werden kann, da der Umfang der Beiordnung maßgeblich ist. Jedoch wird von der Antragstellerin im Antrag v. 4.11.2009 auch vorgetragen, dass mehrere Besprechungen zur Wahrnehmung eines partiellen Zeugnisverweigerungsrechts geführt wurden, zumal gegen den Zeugen K weitere Ermittlungsverfahren, ersichtlich wegen Betäubungsmitteldelikten, anhängig waren und sich dadurch Überschneidungen ergeben hätten. Diese Besprechungen standen aber mit dem Beistand während der Vernehmung im unmittelbaren Zusammenhang und sind beim Umfang der anwaltlichen Tätigkeit des Vernehmungsbeistandes zu berücksichtigen.
Daneben war bei der Bew...