RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3, Nr. 310 ZPO § 91
Leitsatz
- Gem. Vorbem. 3 Abs. 3 VV entsteht die Terminsgebühr des Rechtsanwaltes für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin des Gerichts. Im Unterschied zu der nach der BRAGO geltenden Verhandlungs- und Erörterungsgebühr kommt es nicht mehr darauf an, ob in dem Termin Anträge gestellt worden sind oder ob die Sache erörtert worden ist.
- Die Klagerücknahme steht dem Anfall der Terminsgebühr für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten dann nicht entgegen, wenn dem Gericht die Klagerücknahme bei Aufruf des Termins nicht bekannt gewesen ist.
- Die Terminsgebühr des Prozessbevollmächtigten der Beklagten fällt unabhängig davon an, ob diesem zum Zeitpunkt des Aufrufs des Termins die Klagerücknahme bekannt gewesen ist. Solange nicht feststeht, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zum Zeitpunkt des Terminaufrufs Kenntnis von der Klagerücknahme hatte, haben die zur Kostentragung verpflichteten Kläger den Beklagten die angefallene Terminsgebühr gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erstatten.
- Die unter diesen Gegebenheiten angefallene Terminsgebühr ist aus dem vollen Streitwert der Hauptsache und nicht lediglich aus dem Kostenwert zu berechnen.
LG Saarbrücken, Beschl. v. 30.5.2011 – 5 T 143/11
1 Sachverhalt
In dem Termin des AG zur mündlichen Verhandlung am 1.10.2010 ist nach Aufruf des Termins der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, nicht aber der Prozessbevollmächtigte der Kläger erschienen.
Der zuständige Richter hat daraufhin im Terminsprotokoll folgendes vermerkt:
"Für die Klägerseite ist um 14.20 Uhr noch niemand erschienen. Dem Gericht liegt mittlerweile ein Faxschreiben des Klägervertreters vom 1.10.2010 vor. Dieses … ist um 12.48 Uhr bei Gericht eingegangen. Damit nimmt er die Klage zurück."
Auf den entsprechenden Antrag des Beklagtenvertreters hat das AG daraufhin beschlossen:
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Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner. |
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Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt. |
Das AG – Rechtspfleger – hat in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss antragsgemäß die den Beklagten von den Klägern als Gesamtschuldner zu erstattenden Kosten festgesetzt auf 560,25 EUR nebst Zinsen.
Gegen diesen Beschluss haben die Kläger sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss insoweit aufzuheben, als eine Terminsgebühr i.H.v. 193,20 EUR nebst Mehrwertsteuer gegen die Kläger festgesetzt worden ist. Sie sind der Auffassung, die Terminsgebühr des Prozessbevollmächtigten der Beklagten sei nicht angefallen, da die Klage bereits vor Aufruf der Sache zurückgenommen worden sei.
Das AG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
I. Der Einzelrichter überträgt das Beschwerdeverfahren gem. § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO auf die Kammer, da die Sache sowohl hinsichtlich des Anfalls und der Erstattungsfähigkeit der Terminsgebühr nach der Klagerücknahme als auch hinsichtlich des für die Berechnung der Terminsgebühr maßgeblichen Geschäftswertes grundsätzliche Bedeutung hat.
II. Die gem. § 11 Abs. 1 RpflG, § 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff. ZPO zulässige – insbesondere form- und fristgerecht eingelegte – sofortige Beschwerde der Kläger ist nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.
III. Das AG hat die Terminsgebühr der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu Recht festgesetzt.
1. Gem. der Vorbem. 3 Abs. 3 VV entsteht die Terminsgebühr des Rechtsanwaltes für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin des Gerichts. Im Unterschied zu der nach der BRAGO geltenden Verhandlungs- und Erörterungsgebühr kommt es nicht mehr darauf an, ob in dem Termin Anträge gestellt worden sind oder ob die Sache erörtert worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 27.10.2005 – III ZB 42/05, NJW 2006, 157 [= AGS 2005, 540]).
Der für das Entstehen der Terminsgebühr maßgebliche Gerichtstermin beginnt gem. § 220 Abs. 1 ZPO mit dem Aufruf der Sache. Des Weiteren muss der Rechtsanwalt, für dessen Tätigkeit die Terminsgebühr geltend gemacht wird, verhandlungsbereit im Sitzungssaal anwesend sein (vgl. dazu OLG Köln, Beschl. v. 8.3.2007 – 17 W 37/07, AGS 2008, 28; Hartmann, KostG, 34. Aufl., VV Nr. 3104 Rn 4).
2. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das AG hat den von ihm auf den 1.10.2010 um 14.15 Uhr bestimmten Verhandlungstermin aufgerufen und der Prozessbevollmächtigte der Beklagten war im Gerichtssaal anwesend und er war verhandlungsbereit.
3. Der Umstand, dass an dem Verhandlungstag am 1.10.2010 bereits um 12.48 Uhr ein Faxschreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers beim AG eingegangen war, wodurch die Klage zurückgenommen worden ist, steht dem Anfall der Terminsgebühr für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht entgegen.
Zwar war mit dem Eingang dieses Faxschreibens die Klage zurückgenommen, ohne dass es der Zustimmung des Beklagten bedurft hätte (vgl. § 269 Abs. 1 ZPO).
Unbeschadet dieser wirksamen Klagerücknahme hat der zuständige Richter des AG, dem das Faxschreiben des Klägerve...