Der gegen die zuerst genannte Vergütungsfestsetzung eingelegte, als gem. § 56 Abs. 1 S. 1 RVG statthafte Erinnerung auszulegende Rechtsbehelf ist zulässig und begründet.
Die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV ist entstanden. Der Erinnerungsführer hat die Revision zurückgenommen. Dem Vergütungsanspruch steht nicht entgegen, dass der Erinnerungsführer mitgeteilt hat, er würde erörtern, ob das eingelegte Rechtsmittel weiter durchgeführt oder zurückgenommen würde, sollte die Staatsanwaltschaft kein Rechtsmittel einlegen oder ein eingelegtes Rechtsmittel zurücknehmen.
Die Entscheidung des OLG Braunschweig v. 16.3.2006 – Ws 25/06 [= AGS 2006, 232] steht dem nicht entgegen, denn darin wird ausgeführt, dass für das Entstehen der Befriedungsgebühr der Nr. 4141 VV durch Revisionsrücknahme als Mindestvoraussetzung zu verlangen ist, dass wenigstens schon die theoretische Möglichkeit der Anberaumung eines Verhandlungstermins nach § 350 StPO besteht. Das ist der Fall, wenn die Revision fristgerecht begründet worden ist. Anderenfalls gelangen die Akten normalerweise gar nicht an das Revisionsgericht, sondern wird das Rechtsmittel bereits durch die Vorinstanz gem. § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen. Die genannte Entscheidung ist vorliegend nicht einschlägig. Der Erinnerungsführer hat die Revision vor Rücknahme begründet. Die Rüge der Verletzung materiellen Rechts genügt als vollständige Revisionsbegründung.
Soweit andere Gerichte wie das OLG Hamburg, das u.a. in seinem Beschluss v. 16.6.2008 – 2 Ws 82/08 ausführt: Nach Wortlaut und Sinn des Gesetzes, wonach entscheidend die Vermeidung der Hauptverhandlung ist, bedarf deshalb die Frage, ob die Hauptverhandlung durch die Zurücknahme der Revision entbehrlich geworden ist, einer gesonderten Prüfung. Die zusätzliche Gebühr kommt bei Rücknahme der Revision nur dann in Betracht, wenn das Revisionsverfahren so weit fortgeschritten war, dass beurteilt werden kann, ob eine Revisionshauptverhandlung durchgeführt worden wäre. Nur wenn diese Frage zu bejahen ist, kann durch Bewilligung der Gebühr dem gesetzgeberischen Ziel der Entlastung der Revisionsgerichte entsprochen werden. Nur bei dieser eine ohne die Rücknahme voraussichtlich entstandene anwaltliche Hauptverhandlungsgebühr voraussetzenden Gesetzesauslegung kann gleichzeitig auch dem weiteren gesetzgeberischen Ziel, dem Verteidiger eine Kompensation für den Verlust der Hauptverhandlungsgebühr zu verschaffen, entsprochen werden.
Dieses Ergebnis ist auch nicht unbillig, da die im Anschluss an die Einlegung der Revision vorzunehmende prüfende und beratende Tätigkeit des Rechtsanwalts durch die Verfahrensgebühr (Nm. 4130, 4131 VV) abgedeckt wird.
Die Beurteilung der Frage, ob eine Hauptverhandlung durchgeführt worden wäre, setzt dabei als Prüfungsgrundlage nicht nur voraus, dass die Revision begründet worden ist (so aber OLG Hamm StV 2007, 482, 483 [= AGS 2006, 600]; nur als Mindestvoraussetzung genannt von KG NStZ 2006, 239 f [= AGS 2005, 434]; OLG Braunschweig, Beschl. v. 16.3.2006 - Ws 25/06 [= AGS 2006, 232]; OLG Bamberg, Beschl. v. 22.3.2006 – 1 Ws 142/06; KG, Beschl. v. 4.3.2006 – 4 Ws 28/06; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.10.2007 – III – 2 Ws 228/07); diese Beurteilung wird vielmehr in der Regel erst unter Berücksichtigung der Stellungnahme der zuständigen Staatsanwaltschaft und erst dann möglich sein, wenn das Revisionsverfahren bei dem Revisionsgericht anhängig geworden ist (KG, Beschl. v. 4.5.2006 – 4 Ws 57/06; OLG Saarbrücken JurBüro 2007, 28 f.; OLG Thüringen, Beschl. v. 30.11.2006 – 1 Ws 254/06; OLG Brandenburg NStZ-RR 2007, 288; [= AGS 2007, 403]; ebenso OLG Zweibrücken, Beschl. v. 17.5.2005 - 1 Ws 164/05 [= AGS 2006, 74]; OLG Hamm, Beschl. v. 28.3.2006 - 1 Ws 203/06 - und NStZ-RR 2007, 160 [= AGS 2006, 548]; OLG Stuttgart Rpfleger 2007, 284 f. [= AGS 2007, 402]) kann dem nicht gefolgt werden. Der Wortlaut der Nr. 4141 Nr. 3 VV 1. Hs. stellt im Gegensatz zum 2. Hs. gerade nicht auf die Anberaumung einer Hauptverhandlung ab.
Diese Ansicht würde dazu führen, dass ausschließlich bei einer beabsichtigten Hauptverhandlung im Revisionsverfahren eine solche Gebühr entstehen könnte, nicht aber bei einer beabsichtigten Beschlussentscheidung. Auch das Beschlussverfahren bedeutet Arbeit für das Gericht, von der es durch Rücknahme entlastet ist.
Deshalb reicht es für die Kausalität der anwaltlichen Mitwirkung aus, dass der Verteidiger auf die Rücknahme "irgendwie Einfluss genommen" und dem Mandanten nach Einlegung der Revision mit einer Revisionsbegründung, wie hier, die Rücknahme angeraten hat, (Riedel/Sußbauer, 9. Aufl., Nr. 4141 VV Rn 12; im Ergebnis auch OLG Braunschweig a.a.O.).
Mitgeteilt von Ass. iur. Udo Henke, Elmshorn