Einführung
Das BVerfG hat in seiner Entscheidung v. 21.7.2010 die Möglichkeit eröffnet, dass das FamG den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge ganz oder teilweise gemeinsam überträgt. Da auch der EuGH festgestellt hat, dass die bisherige Regelung des § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB gegen die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verstößt, hat die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt (Entwurf eines Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern). Das Verfahren zur Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge soll danach in § 1626a Abs. 2 BGB-E und § 155a FamFG-E geregelt werden.
I. Gerichtskosten
1. Anwendung des FamGKG
Sowohl bei den derzeitig durchgeführten Übertragungsverfahren aufgrund der Entscheidung des BVerfG als auch den zukünftigen Verfahren nach § 1626a Abs. 2 BGB-E handelt es sich um Kindschaftssachen nach § 151 Nr. 1 FamFG. Die Verfahren gehören somit zu den Familiensachen und fallen daher in den Geltungsbereich des FamGKG.
2. Gebühren
Kindschaftssachen wegen der Übertragung der elterlichen Sorge sind gebührenpflichtig. Es entsteht eine 0,5-Verfahrensgebühr nach Nr. 1310 FamGKG-KostVerz. Eine sachliche Gebührenfreiheit besteht nicht. Das gilt auch für die Verfahren, die aufgrund der Entscheidung des BVerfG angestrengt werden. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG ergibt sich auch nicht daraus, dass der Mutter insoweit keine vergleichbaren Kosten entstehen.
Beispiel
Die Eltern sind nicht miteinander verheiratet. Die elterliche Sorge übt die Kindesmutter allein aus. Der Kindesvater beantragt nunmehr, die elterliche Sorge auf beide Elternteile gemeinsam zu übertragen. Er stützt sich dabei auf die Entscheidung des BVerfG. Der Gegenstandswert beträgt 3.000,00 EUR.
An Gerichtsgebühren sind entstanden:
0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 1310 FamGKG-KostVerz. (Wert 3.000,00 EUR) |
44,50 EUR |
Gebührenpflichtig (wie obiges Beispiel) sind künftig auch die Übertragungsverfahren nach § 1626a Abs. 2 BGB-E, § 155a FamFG-E.
Die Gebühr entsteht bereits mit Eingang des Antrags bei Gericht. Da eine Ermäßigung oder ein Wegfall der Gebühr nicht vorgesehen ist, bleibt der Ausgang des Verfahrens unerheblich. Bei der 0,5-Verfahrensgebühr verbleibt es daher auch bei Verfahrensbeendigung durch Antragsrücknahme. Die Fälligkeit der Gebühr bestimmt sich nach § 11 FamGKG.
3. Verfahrenswert
Es ist nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG im Regelfall mit 3.000,00 EUR zu bewerten. Das Gericht kann nach § 45 Abs. 3 FamGKG in Einzelfällen einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen. Betrifft das Sorgerechtsverfahren mehrere Kinder, verbleibt es bei dem Regelwert von 3.000,00 EUR (§ 45 Abs. 2 FamGKG).
Die vorgenannten Regelungen gelten wegen § 23 Abs. 1 RVG auch für die Anwaltsgebühren.
4. Kostenschuldner
Die Verfahren werden auf Antrag eines Elternteils eingeleitet (§ 1626a Abs. 2 BGB-E). Es handelt sich somit um ein reines Antragsverfahren, so dass der Antragsteller als Antragsschuldner für die Gerichtskosten haftet (§ 21 Abs. 1 FamGKG). Diese Haftung umfasst auch die Kosten für eventuell einzuholende Gutachten. Weiter haften der Entscheidungs- oder Übernahmeschuldner (§ 24 Nr. 1, 2 FamGKG).
Die Kostenentscheidung ist nach §§ 80 ff. FamFG zu treffen. Dem minderjährigen Kind dürfen jedoch keine Kosten auferlegt werden (§ 81 Abs. 3 FamGKG).
Das Gericht kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Gerichtskosten abgesehen wird (§ 81 Abs. 1 S. 2 FamFG).
5. Vorschusspflicht
Da in dem Verfahren Antragshaftung besteht, soll vor Zahlung der Verfahrensgebühr (Nr. 1310 FamGKG-KostVerz.) keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden (§ 14 Abs. 3 FamGKG).
II. Anwaltskosten
Für das Verfahren entsteht eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV.
Daneben kann eine 1,2-Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) verdient werden. Umstritten ist jedoch, ob in Kindschaftssachen auch Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entsprechend anzuwenden ist, so dass die Gebühr auch dann entstehen würde, wenn das Verfahren ohne Erörterungstermin (§ 155 FamFG) beendet wird. Da dieser Termin jedoch nicht mit der mündlichen Verhandlung i.S.d. Nr. 3104 VV gleichzusetzen ist, wird der Auffassung zu folgen sein, die eine Terminsgebühr nur dann entstehen lässt, wenn tatsächlich ein in Vorbem. 3 Abs. 3 VV genannter Termin stattgefunden hat.
Eine Einigungsgebühr (Nrn. 1000, 1003 VV) kann in Kindschaftssachen entstehen, auch wenn der Gegenstand der Dispositionsbefugnis der Beteiligten entzogen ist (Anm. Abs. 5 S. 2 zu Nr. 1000 VV).
Beispiel
Die Eltern sind nicht miteinander verheiratet. Die elterliche Sorge übt die Kindesmutter allein aus. Der Kindesvater beantragt nunmehr, die elterliche Sorge auf beide Elternteile gemeinsam zu übertragen. Es findet ein Erörterungstermin statt, anschließend ergeht Endentscheidung.
An Anwaltsgebühren sind entstanden:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV (Wert: 3.000,00 EUR) |
245,70 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV (Wert: 3.000,00 EUR) |
226,80 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7200 VV |
20,00 EUR |
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
93,58 EUR |
|
Gesamt |
586,08 EUR |
Wie oben...