FamGKG § 40
Leitsatz
Wird die Beschwerde in einer Familienstreitsache erst nach Ablauf der Begründungsfrist eingereicht, so ist nicht der Wert des eingereichten Antrags maßgebend, sondern der volle Wert der Beschwer.
OLG Hamburg, Beschl. v. 14.8.2012 – 12 UF 64/12
1 Sachverhalt
Der Antragsgegner hatte in der vorliegenden Streitsache erst nach Fristablauf einen Beschwerdeantrag und eine Beschwerdebegründung eingereicht. Der Senat hat daraufhin die Beschwerde als unzulässig verworfen und den Verfahrenswert anhand des nachgereichten Antrags auf 4.621,85 EUR festgesetzt. Gegen diese Wertfestsetzung richtet sich die Gegenvorstellung, die Erfolg hatte.
2 Aus den Gründen
Ebenso wie in Zivilsachen bemisst sich der Wert eines Rechtsmittelverfahrens auch in Familiensachen primär nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 40 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Hingegen ist nach § 40 Abs. 1 S. 2 FamGKG die Beschwer maßgeblich, wenn das Verfahren endet, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder wenn bei einer Rechtsbeschwerde innerhalb der Begründungsfrist kein Antrag eingereicht wird. Der hier vorliegende Fall, dass innerhalb der Begründungsfrist gem. § 117 Abs. 1 FamFG keine Anträge eingereicht werden, ist nicht ausdrücklich geregelt, muss jedoch genau so behandelt werden.
Wie bereits von Schneider (NJW Spezial 2012, 91 unter II) überzeugend dargelegt wurde, erklärt sich die Lücke durch die Entstehungsgeschichte des FGG-Reformgesetzes, welches zunächst keine Pflicht zur Beschwerdebegründung und damit auch keine Begründungsfrist vorgesehen hatte. Später ist dann zwar in § 117 Abs. 1 FamFG für Beschwerden in Familienstreitsachen die Begründungspflicht und die Begründungsfrist eingeführt worden, jedoch ohne entsprechende Ergänzung von § 40 Abs. 1 S. 2 FamGKG. Ein sachlicher Grund hierfür ist nicht ersichtlich, es dürfte sich um ein bloßes gesetzgeberisches Versehen handeln. Ebenso wie bei der Rechtsbeschwerde und ebenso wie bei § 47 Abs. 1 S. 2 GKG ist deshalb der Verfahrenswert einer Streitsache nach der Beschwer zu bemessen, wenn innerhalb der Begründungsfrist des § 117 Abs. 1 FamFG kein Antrag eingeht (ebenso Schneider, a.a.O; Hartmann, KostG, 43. Aufl. 2011, § 40 FamGKG geht von "weitgehender inhaltlicher Übereinstimmung" zwischen § 40 FamGKG und § 47 GKG aus. Ein späterer Antrag mit einem geringeren Wert, der wie hier erst nach Fristablauf eingereicht wird, muss ebenso wie im Anwendungsbereich von § 47 GKG außer Betracht bleiben (zu § 47 GKG a.a.O., § 47 GKG Rn 5). Auf ein missbräuchliches Verhalten des Antragsgegners kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Da der Antragsgegner durch den angefochtenen Beschluss i.H.v. 17.874,23 EUR beschwert war, ist der Verfahrenswert des Rechtsmittelverfahrens in dieser Höhe festzusetzen.
3 Anmerkung
Der Gesetzgeber hat die Lücke bereits erkannt und wird mit dem 2. KostRMoG die Vorschrift des § 40 FamGKG dahingehend ändern, das bei allen Rechtsmittelverfahren der Wert der Beschwer anzusetzen ist, wenn die Begründung nicht innerhalb einer dafür vorgesehenen Frist eingereicht worden ist.
Norbert Schneider