GKG §§ 42 Abs. 3 S. 1, 2 Abs. 1, 63 Abs. 2; RVG §§ 33 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 1

Leitsatz

  1. Die Wertfestsetzung für die anwaltliche Tätigkeit richtet sich bei Erledigung des Rechtsstreits im Urteilsverfahren durch Vergleich nach § 33 Abs. 1, 2. Alt. RVG.
  2. Wird auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten der Gegenstandswert nach § 33 Abs. 1 RVG festgesetzt, so wirkt diese Festsetzung nur zwischen ihm und seinem Auftraggeber, nicht aber auch zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und seinem Auftraggeber.
  3. Daher kann der Prozessbevollmächtigte des Klägers durch eine solche Wertfestsetzung nicht beschwert sein, sodass eine von ihm dennoch eingelegte Beschwerde unzulässig ist.

LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 15.12.2011 – 6 Ta 198/11

1 Sachverhalt

In der Güteverhandlung vor dem ArbG schlossen die Parteien einen Vergleich und einigten sich darauf, dass das zwischen ihnen bestehende Fortbildungsverhältnis beendet sei. Weiterhin verständigten sie sich darauf, dass wechselseitige Zahlungsforderungen zwischen ihnen nicht mehr bestehen.

Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten setzte der Vorsitzende den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit auf 2.310,00 EUR fest (drei Bruttomonatsgehälter). Den Mehrwert des Vergleichs setzte er auf 12.000,00 EUR fest.

Dagegen hat der Kläger Beschwerde erhoben. Er ist der Auffassung, der auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses gerichtete Feststellungsantrag hätte lediglich mit einem Monatsgehalt berücksichtigt werden dürfen; der Vergleichsmehrwert könne nur mit 3.500,00 EUR bewertet werden.

Das ArbG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem LAG zur Entscheidung vorgelegt, das die Beschwerde als unzulässig verworfen hat.

2 Aus den Gründen

Die Beschwerde ist bereits unzulässig und deshalb zu verwerfen.

Die rechtliche Bewertung der Beschwerde des Klägers richtet sich nach den §§ 33 ff. RVG. Danach ist der Kläger nicht beschwerdebefugt. Das führt zur Unzulässigkeit seiner Beschwerde.

a) In Rspr. und Lit. ist umstritten, nach welchem Wert sich die anwaltlichen Gebühren im Falle der Erledigung des Rechtsstreits im Wege eines gerichtlichen Vergleichs richten. In Betracht kommt einerseits ein nach § 63 Abs. 2 GKG durch das Gericht festgesetzter Gerichtskostenwert, der gem. § 32 Abs. 1 RVG auch für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren maßgeblich ist. Alternativ kommt ein gem. § 33 Abs. 1, 2. Alt. RVG festgesetzter Gebührenstreit- bzw. Gegenstandswert in Betracht. Von der Entscheidung für den einen oder anderen Wert hängt ab, welche Verfahrensvorschriften für die Beschwerde gelten.

Ursächlich für den Streit um das richtige Verfahren für die Wertfestsetzung ist die Tatsache, dass bei der Erledigung eines Rechtsstreits im Urteilsverfahren durch Vergleich die nach der Verfahrensordnung im Urteilsverfahren grundsätzlich anfallenden Gerichtsgebühren gem. Vorbem. 8 GKG-KostVerz. ausnahmsweise entfallen. Damit bedarf es keiner Festsetzung eines Gerichtskostenwerts gem. § 63 Abs. 2 GKG. Zudem liegt, soweit es sich nicht um einen Mehrvergleich handelt, kein Fall des § 33 Abs. 1 Alt. 1 RVG vor, da sich gerichtliche und anwaltliche Tätigkeit auf denselben Gegenstand beziehen und sich Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren demnach grundsätzlich nach einem der Höhe nach gleichen Wert richten.

aa) Mit dem Argument, im Falle des nachträglichen Entfallens der Gerichtsgebühren (z.B. aufgrund eines Vergleichs) komme eine Wertfestsetzung allein für die Berechnung von Rechtsanwaltsgebühren in Frage, vertreten Teile der Rspr. und Lit. die Auffassung, die Wertfestsetzung müsse sich nach § 33 Abs. 1 Alt. 2 RVG richten (so grundlegend LAG Hessen 21.1.1999 – 15/6 Ta 630/98; 25.2.2011 – 1 Ta 483/10; LAG Rheinland-Pfalz 10.10.2011 – 1 Ta 179/11; LAG Hamburg 12.4.2010 – 4 Ta 5/10; LAG Schleswig-Holstein 26.4.2011 – 3 Ta 60/11; Schwab/Maatje, NZA 2011, 769).

bb) Die Gegenauffassung, wonach sich die Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. § 32 Abs. 1 RVG richte, beschränkt den Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1, 2. Alt. RVG auf die Fälle, in denen nach der Verfahrensordnung eine Gebührenerhebung nicht vorgesehen ist (insbesondere gem. § 2 Abs. 1 GKG im Beschlussverfahren). Würden nach der Verfahrensordnung grundsätzlich Gerichtsgebühren ausgelöst, so sei es streitwertrechtlich nicht relevant, wenn diese später entfallen und Gerichtsgebühren dann tatsächlich nicht erhoben werden. So bleibe der Grundsatz gewahrt, dass sich die Rechtsanwaltsgebühren nach dem für die Gerichtskosten maßgeblichen Wert berechnen. § 33 RVG sei auch in diesen Fällen gegenüber § 32 Abs. 1 RVG subsidiär (so etwa LAG Düsseldorf 5.12.2006 – 6 Ta 583/06; LAG Hamm 28.4.2006 – 6 Ta 95/06; LAG Baden-Württemberg 21.2.2006 – 3 TA 23/06; LAG Baden-Württemberg 14.7.2011 – 5 Ta 101/11; Creutzfeld, NZA 1996, 956).

b) Die Beschwerdekammer folgt der unter II 1 a) aa) dargestellten Ansicht. Die Wertfestsetzung für die anwaltliche Tätigkeit richtet sich bei Erledigung des Rechtsstreits im Urteilsverfahren durch Vergleich nach § 33 Abs. 1 Alt. 2 RVG.

Die Festsetzung e...

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