Das LG orientiert sich an der überwiegenden und auch zutreffenden Auffassung der Gerichte und in der Literatur, dass § 16 Nr. 4 RVG, wonach eine Scheidungssache oder ein Verfahren über die Aufhebung einer Lebenspartnerschaftssache und die Folgesachen als ein Verfahren gelten, in Beratungshilfeangelegenheiten weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar ist.

Diese Auffassung ist auch richtig. Die Vorschrift des § 16 Nr. 4 RVG fingiert für einen Einzelfall eine kostenrechtliche Privilegierung gegenüber isolierten Verfahren für die Ausgangssituation, dass über Scheidung oder Lebenspartnerschaftssache und Folgesachen zusammen zu verhandeln und zu entscheiden ist (Verbund). Diese Fiktion des Gesetzgebers und verfahrensrechtliche Betrachtung ist für andere Abgrenzungen der familienrechtlichen Angelegenheiten untereinander nicht anwendbar.

Eine unmittelbare Anwendung des § 16 Nr. 4 RVG scheitert, weil die Situation eine grundlegend abweichende ist, einmal abgesehen davon, dass die Abgrenzung der Beratungshilfeangelegenheiten untereinander im außergerichtlichen Verfahren geschieht, während Verbundverfahren nach § 137 Abs. 1 FamFG nur gerichtlich geführt werden können.

Einer entsprechenden Anwendung des § 16 Nr. 4 RVG ist der Weg u.a. aber insbesondere auch deshalb versperrt, weil im Kostenrecht ein Analogieverbot gilt. Entweder ist ein Sachverhalt geregelt und von einer Vorschrift erfasst oder nicht. Ist er es nicht, kommt eine Analogie nie in Betracht.

Bei der Abgrenzung der Beratungshilfeangelegenheiten untereinander ist deshalb von anderen Kriterien auszugehen. Dass diese nicht einfach zu definieren sind, zeigt die Unbeholfenheit des Gesetzgebers, der zunächst Abhilfe auf der Grundlage des 2. KostRMoG schaffen wollte, es aber nicht geschafft und deshalb die im Referentenentwurf enthaltenen Regelungen zur Abgrenzung und Abrechnung der Angelegenheiten in der Beratungshilfe in den Regierungsentwurf bereits nicht mehr übernommen hatte. Es bleibt insoweit alles beim Alten und die Rechtsprechung wird durch weitere Einzelfallentscheidungen zur Rechtsfortbildung beitragen.

Bei der Abgrenzung in Familiensachen stellt ein Teil der Rspr. auf § 111 FamFG ab. Eine einheitliche Rspr. hat sich bis heute aber nicht herausgebildet, ist vielmehr je nach OLG-Bezirk uneinheitlich. Das LG unterscheidet zwischen vier Angelegenheiten:

  die Scheidung als solche,
  die Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem persönlichen Verhältnis zu den Kindern (Personensorge, Umgangsrecht),
  die Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Ehewohnung und den Hauhaltsgegenständen und
  die finanziellen Auswirkungen von Trennung und Scheidung (Unterhaltsansprüche, Güterrecht und Vermögensauseinandersetzung.

Das OLG Düsseldorf[1] differenziert weitergehend. Es beschränkt bei Erhalt eines Berechtigungsscheins betreffend anwaltliche Beratungshilfe für "Trennung und alle daraus resultierenden Angelegenheiten" den Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse nicht auf eine Angelegenheit, sondern gewährt einen Vergütungsanspruch für acht verschiedene Angelegenheiten (hier: Beratungshilfe für Trennungsunterhalt, Kindesunterhalt, Versorgungsausgleich, Vermögensauseinandersetzung, Scheidung, Besuchsrecht bei den Kindern, elterliche Sorge und Hausrat).

Der Gesetzgeber hat bis heute keine Grenzen gezogen. Eine Differenzierung nach den Angelegenheiten des § 111 FamFG ist deshalb nach wie vor möglich und auch gesetzeskonform.

Rechtsanwältin u. FAFamR Lotte Thiel, Koblenz

AGS 10/2013, S. 484 - 486

[1] AGS 2012, 591= MDR 2012, 1499 = Rpfleger 2013, 212 = FamRZ 2013, 725 = AnwBl 2013, 236.

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