ZPO §§ 103 ff. RVG VV Nr. 1008

Leitsatz

  1. Antragsbefugt für einen Kostenfestsetzungsantrag ist nur derjenige, zu dessen Gunsten im Titel eine Kostengrundentscheidung ergangen ist. Verstirbt die in der Kostengrundentscheidung aufgeführte Prozesspartei, bedarf es einer Titelumschreibung in Gestalt einer auf den/die Rechtsnachfolger lautenden Ausfertigung.
  2. Mit dem Erbfall ist nicht mehr der Erblasser als Auftraggeber anzusehen, sondern jeder der Erben, wobei der Auftrag von diesen gegenüber dem Rechtsanwalt nicht erneuert werden muss. Eine aus mehreren Personen bestehende Erbengemeinschaft stellt danach eine Auftraggebermehrheit i.S.v. Nr. 1008 VV dar. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich eine Mehrarbeit anfällt.

OLG Köln, Beschl. v. 11.6.2014 – 17 W 87/14

1 Sachverhalt

Der zwischenzeitlich verstorbene Beklagte C wurde als Rechtsanwalt vom Kläger, seinem ehemaligen Mandanten, auf Schadenersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung in Anspruch genommen. Die letzte mündliche Verhandlung, aufgrund der das Urteil erging, fand am 18.10.2013 statt. Das Urteil wurde am 22.11.2013 verkündet. Die Klage wurde abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig. Der Beklagte war bereits am 10.11.2013 verstorben. Beerbt wurde er von seiner Ehefrau sowie den drei Kindern in Erbengemeinschaft. Vom Tode des Beklagten benachrichtigten seine Prozessbevollmächtigten zwar die gegnerischen Kollegen, nicht aber das LG. Aus diesem Grunde ist im Rubrum des Urteils noch der verstorbene Rechtsanwalt als Beklagter aufgeführt. Am 2.1.2014 verstarb dessen Ehefrau.

Zur Festsetzung angemeldet wurden von Beklagtenseite u.a. eine 2,5-Verfahrensgebühr (1,3 + 1,2 gem. Nr. 3100, 1008 VV), insgesamt 1.288,06 EUR. Zur Begründung wird angegeben, die Prozessbevollmächtigten hätten nach dem Tode ihres Mandanten, des ursprünglichen Beklagten, die vier Erben vertreten.

Der Kläger ist der Ansicht, die für die Vertretung der vier Erben zusätzlich angemeldeten 1.288,06 EUR seien nicht entstanden und damit nicht festsetzungsfähig. Voraussetzungen dafür seien die Bekanntgabe im Verfahren und eine Tätigkeit des Rechtsanwaltes für die Erben. Eine Mehrvertretung "im Verfahren" sei deshalb gar nicht erfolgt. Dieses sei im Zeitpunkt des Todes des Beklagten "verfahrenstechnisch" bereits abgeschlossen gewesen.

Die Rechtspflegerin hat die Kostenfestsetzung bezüglich der Gebühren gem. Nr. 3100, 1008 VV antragsgemäß durchgeführt. Im Rubrum hat sie die drei Kinder als Erben des verstorbenen Rechtsanwaltes aufgeführt. Wer die Mutter C2 beerbt hat, ist von ihr nicht geklärt worden. Allein gegen die Festsetzung der vorgenannten Gebühr in Höhe von 1.288,06 EUR richtet sich der Kläger mit seinem Rechtsmittel. Diesem hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

2 Aus den Gründen

Die gem. § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache selbst vollen Erfolg. Die Kostenfestsetzung durch die Rechtspflegerin bezüglich der in Rede stehenden Gebühr ist rechtsfehlerhaft erfolgt. Insoweit ist der Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben.

1. Eine Kostenfestsetzung zugunsten der Erben hätte (noch) nicht ergehen dürfen. Dies deshalb nicht, weil die Antragsteller in das die Kostengrundentscheidung enthaltende Urteil des LG nicht einbezogen sind. Gem. § 103 Abs. 1 ZPO kann der Anspruch auf Erstattung von Prozesskosten nur aufgrund eines für die Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden. Antragsbefugt ist deshalb nur derjenige, zu dessen Gunsten im Titel eine Kostengrundentscheidung nach §§ 91 ff. ZPO ergangen ist (BGH NJW 2009, 233). Ist dies nicht der Fall, etwa weil die Prozesspartei verstorben ist, so bedarf es einer Titelumschreibung in Gestalt einer auf den/die Rechtsnachfolger lautenden Ausfertigung, § 727 ZPO (BGH JurBüro 2010, 480 = MDR 2010, 838 [= AGS 2011, 408]; KG JurBüro 1982, 1562 = Rechtspfleger 1982, 353; Senat, Beschl. v. 13.4. 2011 – 17 W 320/10 Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 104 Rn 21 "Erben").

Hieran fehlt es, da im Rubrum des landgerichtlichen Urteils allein der verstorbene beklagte Rechtsanwalt C als Partei genannt ist. Das hat wiederum seinen Grund unstreitig darin, dass weder der Prozessbevollmächtigte noch die Erben den Todesfall dem Gericht mitgeteilt haben. Mithin kommt eine Kostenfestsetzung zugunsten der Erben vor einer Titelumschreibung nicht in Betracht.

Eine Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses insgesamt hat aus Rechtsgründen zu unterbleiben, da der Kläger die Festsetzung nur bezüglich der Mehrvertretung angegriffen hat, im Übrigen Rechtskraft eingetreten ist.

2. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass dann, wenn eine Titelumschreibung vorgenommen würde, die Festsetzung einer erhöhten Verfahrensgebühr mit Erfolg beantragt werden könnte.

a) Nach höchstrichterlicher Rspr. stellt eine aus mehreren Personen bestehende Erbengemeinschaft eine Auftraggebermehrheit i.S.v. Nr. 1008 VV  dar. Sie ist weder rechts- noch parteifähig, kann einer BGB-...

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