Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhungsgebühr bei Erbschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ab dem Erbfall, ist/sind Auftraggeber des Rechtsanwalts der Erbe/die Erben, ohne dass der Auftrag durch diese(n) erneuert werden muss.

2. Für die Erhöhung der Geschäfts- oder der Verfahrensgebühr kommt es nicht auf die Anzahl der Geschäftsbesorgungsverträge, sondern ausschließlich darauf an, für wie viele Erben der Rechtsanwalt tätig wird.

3. Davon, ob es für den Rechtsanwalt ab dem Erbfall infolge Vertretung mehrerer Erben tatsächlich zu einer Mehrarbeit kommt, hängt eine Gebührenerhöhung nicht ab.

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 1008

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Beschluss vom 24.02.2014; Aktenzeichen 8 O 565/12)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin beim LG Aachen vom 24.2.2014 - 8 O 565/12 - insoweit aufgehoben, als mehr als 2.742,47 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 17.12.2013 festgesetzt worden sind.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beklagten.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: 1.288,06 EUR

 

Gründe

I. Der zwischenzeitlich verstorbene Beklagte C wurde als Rechtsanwalt vom Kläger, seinem ehemaligen Mandanten, auf Schadenersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung in Anspruch genommen. Die letzte mündliche Verhandlung, aufgrund der das Urteil erging, fand am 18.10.2013 statt. Das Urteil wurde am 22.11.2013 verkündet. Die Klage wurde abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig. Am 10.11.2013 bereits war der Beklagte verstorben. Beerbt wurde er von seiner Ehefrau sowie den drei Kindern in Erbengemeinschaft. Vom Tode des Beklagten benachrichtigten seine Prozessbevollmächtigten zwar die gegnerischen Kollegen, nicht aber das LG. Aus diesem Grunde ist im Rubrum des Urteils noch der verstorbene Rechtsanwalt als Beklagter aufgeführt. Am 2.1.2014 verstarb dessen Ehefrau.

Zur Festsetzung angemeldet wurden von Beklagtenseite u.a. eine 2,5 Verfahrensgebühr (1,3 + 1,2 gem. Nr. 3100, 1008 RVG-VV), insgesamt 1.288,06 EUR. Zur Begründung wird angegeben, die Prozessbevollmächtigten hätten nach dem Tode ihres Mandanten, des ursprünglichen Beklagten, die vier Erben vertreten.

Der Kläger ist der Ansicht, die für die Vertretung der vier Erben zusätzlich angemeldeten 1.288,06 EUR seien nicht entstanden und damit nicht festsetzungsfähig. Voraussetzungen dafür seien die Bekanntgabe im Verfahren und eine Tätigkeit des Rechtsanwaltes für die Erben. Eine Mehrvertretung "im Verfahren" sei deshalb gar nicht erfolgt. Dieses sei im Zeitpunkt des Todes des Beklagten "verfahrenstechnisch" bereits abgeschlossen gewesen.

Die Rechtspflegerin hat die Kostenfestsetzung bezüglich der Gebühren gem. Nr. 3100, 1008 RVG-VV antragsgemäß durchgeführt. Im Rubrum hat sie die drei Kinder als Erben des verstorbenen Rechtsanwaltes aufgeführt. Wer die Mutter C2 beerbt hat, ist von ihr nicht geklärt worden. Allein gegen die Festsetzung der vorgenannten Gebühr i.H.v. 1.288,06 EUR richtet sich der Kläger mit seinem Rechtsmittel. Diesem hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RpflG statthafte und auch ansonsten unbedenklich zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache selbst vollen Erfolg. Die Kostenfestsetzung durch die Rechtspflegerin bezüglich der in Rede stehenden Gebühr ist rechtsfehlerhaft erfolgt. Insoweit ist der Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben.

1. Eine Kostenfestsetzung zugunsten der Erben hätte (noch) nicht ergehen dürfen. Dies deshalb nicht, weil die Antragsteller in das die Kostengrundentscheidung enthaltende Urteil des LG Aachen nicht einbezogen sind. Gemäß § 103 Abs. 1 ZPO kann der Anspruch auf Erstattung von Prozesskosten nur aufgrund eines für die Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden. Antragsbefugt ist deshalb nur derjenige, zu dessen Gunsten im Titel eine Kostengrundentscheidung nach §§ 91 ff. ZPO ergangen ist (BGH NJW 2009, 233). Ist dies nicht der Fall, etwa weil die Prozesspartei verstorben ist, so bedarf es einer Titelumschreibung in Gestalt einer auf den/die Rechtsnachfolger lautenden Ausfertigung, § 727 ZPO (BGH JB 2010, 480 = MDR 2010, 838; KG JB 1982, 1562 = RP 1982, 353; Senat, Beschl. v. 13.4.2011 - 17 W 320/10; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 104 Rz. 21 "Erben").

Hieran fehlt es, da im Rubrum des landgerichtlichen Urteils allein der verstorbene beklagte Rechtsanwalt C als Partei genannt ist. Das hat wiederum seinen Grund unstreitig darin, dass weder der Prozessbevollmächtigte noch die Erben den Todesfall dem Gericht mitgeteilt haben. Mithin kommt eine Kostenfestsetzung zugunsten der Erben vor einer Titelumschreibung nicht in Betracht.

Eine Aufhebung des Kostenfestsetzungsbeschlusses insgesamt hat aus Rechtsgründen zu unterbleiben, da der Kläger die Festsetzung nur bezüglich der Mehrvertretung angegriffen hat, im Übrigen Rechtskraft eingetreten ist.

2. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass dann, wen...

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