Leitsatz
- Wird in einem Rechtsstreit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Kostengrundentscheidung getroffen, ist darin – auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren – über die Einordnung der Verfahrenskosten als Masseverbindlichkeit oder als Insolvenzforderung zu entscheiden.
- Werden dem Insolvenzverwalter als Partei die Kosten des Verfahrens – ganz oder teilweise – auferlegt, ist dies grundsätzlich so zu verstehen, dass diese Kostenforderungen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO Masseverbindlichkeiten sind.
- Die Beantwortung der Frage, ob die zu erstattenden Verfahrenskosten Insolvenz- oder Masseforderungen sind, kann nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren verlagert werden. Die Organe dieses Verfahrens sind vielmehr grundsätzlich an die Kostengrundentscheidung gebunden.
BAG, Beschl. v. 11.3.2015 – 10 AZB 101/14
1 Sachverhalt
Der Kläger war seit dem 28.1.2008 bei der Beklagten als Torwarttrainer und Koordinator für das Torwarttraining der Nachwuchstorhüter im Nachwuchsleistungszentrum tätig. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben v. 3.9.2012 zum 15.10.2012. Das ArbG hat mit Urt. v. 22.2.2013 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung v. 3.9.2012 nicht aufgelöst worden ist. Darüber hinaus hat es die Beklagte zur Beschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens verurteilt und ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit Schriftsatz v. 8.4.2013 hat die Beklagte beim LAG Berufung eingelegt mit dem Hinweis, dies erfolge zunächst nur fristwahrend. Die Gegenseite werde gebeten, vorerst von einer Bestellung in der Berufungsinstanz Abstand zu nehmen. Am 1.6.2013 wurde über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Prof. Dr. R zum Insolvenzverwalter bestellt.
Mit Schriftsatz v. 12.7.2013 hat der Klägervertreter die Aufnahme des Verfahrens nach § 86 Abs. 1 InsO beantragt. Dieser Schriftsatz ist dem Insolvenzverwalter am 24.7.2013 zugestellt worden. Nach Hinweis des LAG auf den inzwischen eingetretenen Ablauf der Berufungsbegründungsfrist hat der Insolvenzverwalter mit Schriftsatz v. 7.10.2013 die Berufung zurückgenommen. Daraufhin hat ihn das LAG mit Beschl. v. 18.10.2013 des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt und ihm die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten auferlegt.
Der Kläger hat mit Schriftsatz v. 24.10.2013 Kostenfestsetzung beantragt und geltend gemacht, es handele sich hierbei um eine Masseforderung. Er habe seinen Prozessbevollmächtigten erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Berufungsinstanz mandatiert. Das für die Entstehung des Kostenerstattungsanspruchs erforderliche Prozessrechtsverhältnis sei erst durch die mit Schriftsatz v. 12.7.2013 erklärte Aufnahme des Rechtsstreits begründet worden.
Der Klägervertreter hat beantragt, die Kosten für das Berufungsverfahren i.H.v. insgesamt 1.025,30 EUR festzusetzen.
Die Beklagte hat Antragsabweisung beantragt und geltend gemacht, der Kostenfestsetzungsbeschluss habe wegen des nach § 89 InsO bestehenden Vollstreckungsverbots nicht erlassen werden dürfen, weil der Kostenerstattungsanspruch als Insolvenzforderung einzustufen sei, die nachträglich zur Tabelle angemeldet werden müsse. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch entstehe bereits mit Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage unter der aufschiebenden Bedingung des Erlasses einer Entscheidung, wonach der Gegner die Kosten trägt. Im vorliegenden Fall sei der Kostenerstattungsanspruch daher vor Insolvenzeröffnung entstanden. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Kläger nur die Festsetzung der Kosten des Berufungsverfahrens beantragt habe. Der Kostenfestsetzungsanspruch könne nicht einzelnen Verfahrensabschnitten zugeordnet werden.
Mit Beschl. v. 31.3.2014 hat das AG Aachen das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten nach § 258 InsO nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans v. 12.12.2013 aufgehoben. Das ArbG hat mit Beschl. v. 23.4.2014 die Kosten in beantragter Höhe gegen die Beklagte festgesetzt. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde der Beklagten v. 6.5.2014 hat es nicht abgeholfen. Das LAG hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das LAG hat die sofortige Beschwerde der Beklagten im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Entgegen der Auffassung des LAG kommt es für die Einordnung des Kostenerstattungsanspruchs als Insolvenz- oder Masseforderung im vorliegenden Fall allerdings nicht auf den Zeitpunkt der Mandatierung des Klägervertreters für das Rechtsmittelverfahren an. Vielmehr ist bereits mit dem Beschl. d. LAG v. 18.10.2013 rechtskräftig festgestellt, dass die festgesetzten Kosten Masseforderungen sind.
1. Wird in einem Rechtsstreit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Kostengrundentscheidung getroffen, ist darin über die Einordnung der Verfahrenskosten als Masseverbindlichkeit oder als Insolvenzforderung zu entscheiden (BAG v. 19.9.2007 – 3 AZB 35/05, Rn 18; B...