Leitsatz
Wird im Scheidungsverbundverfahren eine nicht anhängige Kindschaftssache mitverglichen, so richtet sich der Mehrwert des Vergleichs nicht nach § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG, sondern nach § 45 FamGKG.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.8.2015 – 16 WF 161/15
1 Sachverhalt
Die Eheleute haben im Scheidungsverbundverfahren im Termin zur mündlichen Verhandlung eine Vereinbarung über das nicht anhängige Umgangsrecht geschlossen. Das FamG hat sodann die Werte wie folgt festgesetzt:
– Ehesache |
3.000,00 EUR |
– Versorgungsausgleich |
1.000,00 EUR |
– Elterliche Sorge (anhängig) |
600,00 EUR |
– Mehrwert des Vergleichs |
600,00 EUR |
Gegen die Festsetzung des Wertes für den Mehrwertvergleich hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, der Mehrwert des Vergleichs sei auf 3.000,00 EUR festzusetzen. Die Bewertung einer Kindschaftssache mit 20 % der Ehesache sei nach § 44 Abs. 1 S. 2 FamGKG nur vorgesehen, wenn die Kindschaftssache als Folgesache im Verbund anhängig sei. Durch einen Mehrwertvergleich werde die Kindschaftssache jedoch nicht zur Folgesache, sondern nur durch einen entsprechenden Antrag nach § 137 FamFG. Daher gelte der Wert des § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG. Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG vorgelegt. Das OLG hat der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Mehrwert des Vergleichs auf 1.500,00 EUR festgesetzt.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 32 Abs. 2 RVG statthafte Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist der erforderliche Beschwerdewert erreicht. Die Beschwerde ist auch teilweise begründet. Der Mehrwert für den Umgangsvergleich ist auf 1.500,00 EUR festzusetzen.
1. Zutreffend weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sich die Festsetzung des Verfahrenswerts vorliegend nach § 45 GKG, nicht hingegen nach § 44 Abs. 2 FamGKG richtet.
Nach § 44 Abs. 2 FamGKG ist bei der Bemessung des Verfahrenswerts einer Kindschaftssache, die Folgesache nach § 137 Abs. 3 FamFG ist, 20 % des Wertes der Ehesache, höchstens 3.000,00 EUR, anzusetzen. Unter Berücksichtigung des Wertes der vorliegenden Ehesache mit 3.000,00 EUR wäre daher vorliegend von einem Verfahrenswert der Kindschaftssache als Folgesache von 600,00 EUR auszugehen.
Indessen ist der Umgang vorliegend nicht Folgesache im Verbundverfahren gewesen, sondern wurde – nur – im Scheidungstermin mitgeregelt. Dann ist jedoch die Bemessung des Verfahrenswerts nach § 44 Abs. 2 FamGKG nicht möglich. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, der die Grenze jeder Auslegung bildet, regelt § 44 Abs. 2 GKG die Festsetzung des Verfahrenswerts für den Fall, dass eine Kindschaftssache Folgesache geworden ist. Wann eine Kindschaftssache Folgesache wird, ist in § 137 Abs. 3 FamGKG normiert. Erforderlich ist, dass es sich um ein Verfahren betreffend die Regelung der elterlichen Sorge, die Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes oder das Umgangsrecht handelt und ein Ehegatte den Antrag auf Einbeziehung in den Verbund vor Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz stellt, es sei denn, das Gericht hält die Einbeziehung aus Gründen des Kindeswohls nicht für sachgerecht. Ein entsprechender Antrag ist vorliegend nicht gegeben. Damit kommt auch § 44 Abs. 2 FamGKG nicht zur Anwendung (ebenso Schneider, NZFam 2015, 252).
2. Der Mehrwert ist damit nach § 45 FamGKG festzusetzen. Grundsätzlich ist gem. § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG ein Verfahrenswert von 3.000,00 EUR anzusetzen. Ist der nach § 45 Abs. 1 FamGKG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen, § 45 Abs. 3 FamGKG.
Der Wert von 3.000,00 EUR kann nach dem Willen des Gesetzgebers dann unbillig sein, wenn das Verfahren besonders umfangreich und schwierig ist oder wenn die Beteiligten nur über ein geringes Einkommen verfügen und das Verfahren sich einfach gestaltet (BT-Drucks 16/6308, S. 306). Eine Abweichung von dem Betrag von 3.000,00 EUR ist mithin nur ausnahmsweise geboten, wenn der zu entscheidende Fall hinsichtlich des Arbeitsaufwands für das Gericht und die Verfahrensbevollmächtigten erheblich von einer durchschnittlichen Kindschaftssache abweicht und der Verfahrenswert im Einzelfall zu unvertretbar hohen oder unangemessen niedrigen Kosten bzw. Gebühren führen würde.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist eine Reduzierung des Verfahrenswerts für die Umgangsvereinbarung unter den 1/2 relativierten Regelwert hinaus nicht angemessen. Dass eine einvernehmliche Regelung ohne umfangreiche Erörterung getroffen wurde, reicht hierfür nicht aus, nachdem eine erhebliche Abweichung vom durchschnittlichen Aufwand für eine Kindschaftssache erforderlich ist. Eine solche Abweichung ist zwar gegeben, nachdem die Umfangsvereinbarung unproblematisch (mit-)protokolliert werden konnte. Die Reduzierung auf nur 1/5 des Regelwerts ist gleichwohl nicht angemessen. Ersichtlich ging die amtsgerichtliche Festsetzung von einem Verfahrenswert für die Umfangsvereinbarung nach § 44 Abs. 2 FamGKG aus, hielt also kein...