Leitsatz
Einigen sich die Beteiligten unter Mitwirkung ihrer Anwälte dahingehend, dass die aufgrund eines ungeklärten Versicherungskontos erteilten Auskünfte zur Grundlage der Berechnung des Versorgungsausgleichs gemacht werden sollen, entsteht für die beteiligten Anwälte eine Einigungsgebühr.
AG Unna, Beschl. v. 15.8.2016 – 12 F 933/15
1 Sachverhalt
Im Termin zur Scheidung stellte das Gericht fest, dass die Deutsche Rentenversicherung die Auskunft zur Anwartschaft der Antragsgegnerin aufgrund eines ungeklärten Kontos erteilt hatte. Die Beteiligten einigten sich daraufhin, dass diese Auskünfte zur Grundlage des Versorgungsausgleichs gemacht werden sollten, dass also auf eine Kontenklärung verzichtet werde.
Das Gericht hat sodann auf dieser Basis die Berechnungen zum Versorgungsausgleich durchgeführt und über den Versorgungsausgleich entschieden. Der beigeordnete Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin beantragte daraufhin die Festsetzung seiner Vergütung gegenüber der Landeskasse, darunter auch eine Einigungsgebühr aus dem Wert des Versorgungsausgleichs. Die Urkundsbeamtin hat diese Gebühr abgesetzt und dies damit begründet, dass die Beteiligten eine Entscheidung des Gerichts nicht erspart hätten. Das Gericht hätte über den Versorgungsausgleich entscheiden müssen. Daher komme eine Einigungsgebühr nicht in Betracht. Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat hiergegen Erinnerung eingelegt und insbesondere auf die Entscheidung des OLG Hamm – 6 WF 127/12 (AGS 2012, 464) hingewiesen, wonach auch eine Einigung über die Grundlagen zur Berechnung des Versorgungsausgleichs eine Einigungsgebühr auslöse, da damit dem Gericht die weitere Arbeit und der Aufwand einer Kontenklärung erspart werde.
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Sie war der Auffassung, die zitierte Entscheidung des OLG Hamm sei nicht einschlägig. Im dortigen Fall habe Unsicherheit über die Berechnung des Anrechts aus einer Zusatzversorgung bestanden, weil der BGH die Berechnungsweise der Zusatzversorgung für verfassungswidrig erklärt hatte. Diese Ungewissheit habe keine der Parteien verschuldet und hätte auch von keiner beseitigt werden können. Im vorliegenden Fall könne eine Ungewissheit jedoch nicht schon deshalb angenommen werden, weil die Antragsgegnerin ihre Zeiten im Versicherungsverlauf nicht geklärt hatte und daher die Anrechte noch nicht berechnet worden seien. Eine Ungewissheit habe aus diesem Grunde nicht vorgelegen.
Ferner hätte der Vertreter der Antragsgegnerin lediglich erklärt, dass auf die Aufklärung des Kontos der Ehefrau verzichtet werde. Bloße einseitige Verzichtserklärungen, auch wenn sie von beiden Seiten abgegeben werden, genügen für die Entstehung der Einigungsgebühr nicht.
Die Richterin hat der Erinnerung stattgegeben.
2 Aus den Gründen
Die Rechtsprechung des OLG Hamm (Beschl. v. 2.7.2012 – II-6 WF 127/12) ist vorliegend anwendbar.
Die vorliegende Einigung der Beteiligten hat eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich erst möglich gemacht, da eine weitere Aufklärung des Versicherungskontos der Ehefrau in absehbarer Zeit nicht zu erwarten stand.
Es bestand Ungewissheit über die Rentenanwartschaft der Ehefrau.
Ob diese Ungewissheit durch die Beteiligten selbst verschuldet war, mag dahinstehen, da diese Frage für die Entstehung der Einigungsgebühr unerheblich ist. Die Einigungsgebühr ist entstanden.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Thomas Purrmann, Unna
3 Anmerkung
Auch Teil- oder Zwischeneinigungen über den Versorgungsausgleich lösen die Einigungsgebühr aus.
So reicht eine Teileinigung dahingehend, dass sich die Eheleute nur darüber einigen, die betrieblichen Anwartschaften nicht auszugleichen, sondern nur die gesetzlichen Anwartschaften.
Auch Zwischeneinigungen können die Einigungsgebühr auslösen, etwa
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wenn darauf verzichtet wird, etwaige ausländische Versicherungszeiten in die Berechnung mit einzubeziehen, um das Verfahren nicht weiter zu verzögern. |
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wenn die Eheleute vereinbaren, dass der Versorgungsausgleich aufgrund unzutreffender Startgutschriften durchgeführt werden soll. |
Das gleiche gilt hier, wenn der Versorgungsausgleich aufgrund eines ungeklärten Versicherungskontos durchgeführt werden soll.
Werden solche Teil- oder Zwischeneinigungen getroffen, ist allerdings zu berücksichtigen, dass nicht der volle Verfahrenswert gilt, sondern nur 10% des dreifachen Nettoeinkommens beider Ehegatten je Anrecht, über das eine Einigung getroffen worden ist.
Beispiel
In einem Verbundverfahren (monatliches Nettoeinkommen beider Eheleute 4.000,00 EUR) einigen sich die Beteiligten nach Verhandlungen im Termin unter Mitwirkung ihrer Anwälte dahingehend, dass der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt werden soll. Jeder Ehegatte hatte eine gesetzliche und eine betriebliche Anwartschaft.
Der Verfahrenswert für den Versorgungsausgleich ist auf 4 x 10% x 12.000,00 EUR = 4.800,00 EUR festzusetzen, so dass sich für das gesamte Verbundverfahren ein Verfahrenswert i.H.v. 16.800,00 EUR ergibt. Ausgehend hiervon ist wie folgt zu rechnen:
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1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3... |