Die Entscheidung ist im Ergebnis zutreffend, auch wenn die Begründung auf die zugrunde liegende Problematik letztlich nicht eingeht.
Das Gericht hatte einen Streitwert von 102.450,00 EUR festgesetzt. Insoweit geht das AG auch zutreffend davon aus, dass dieser Wert für die Anwaltsgebühren maßgebend ist.
Allerdings ist dieser Wert nur für diejenigen Gebühren maßgebend, die auch aus dem Wert des Streitgegenstands des damaligen Klageverfahrens angefallen sind. Wenn man mit der Klägerseite davon ausgeht, dass hier eine bloße Zahlungsvereinbarung geschlossen worden sei, dann wäre der Wert in Höhe von 102.450,00 EUR nicht bindend. Dann hätte allerdings von Klägerseite ein Antrag nach § 33 RVG gestellt werden müssen, den abweichenden Wert der Einigung gerichtlich festzusetzen.
Dass die Einigung außergerichtlich geschlossen worden ist, steht dem nicht entgegen, da nach zutreffender Ansicht ein Gericht auch für weitergehende, nicht anhängige Gegenstände auf Antrag nach § 33 RVG einen Wert festsetzen muss.
Weder die Klägerin noch das Gericht sind auf die abweichende Entscheidung des OLG München eingegangen, das in einem vergleichbaren Fall für die Einigungsgebühr gem. § 31b RVG lediglich einen Wert in Höhe von 20 % der Forderung angesetzt hat.
Die Entscheidung des OLG München ist jedoch in mehrfacher Hinsicht unzutreffend:
Zum einen hätte das OLG München den Wert gar nicht ermitteln dürfen. Es hätte das Kostenfestsetzungsverfahren aussetzen müssen, um den Parteien Gelegenheit zu geben, beim Erkenntnisgericht einen Antrag auf Wertfestsetzung nach § 33 RVG zu beantragen.
Abgesehen davon lag dem Fall des OLG München keine Zahlungsvereinbarung zugrunde.
Der Begriff der Zahlungsvereinbarung ist in Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 zu Nr. 1000 VV legal definiert. Danach liegt eine Zahlungsvereinbarung vor
"bei Abschluss eines Vertrags, durch den die Erfüllung des Anspruchs"
- bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung (1. Alt.)
und,
- wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen (2. Alt.)
geregelt wird“.
Zutreffend ist wohl, dass ein Vertrag geschlossen worden ist, durch den die Erfüllung eines Anspruchs geregelt worden ist.
Es fehlt aber an den weiteren Voraussetzungen.
Eine Zahlungsvereinbarung setzt nämlich in der ersten Variante voraus, dass man sich bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung einigt.
Diese Alternative ist aber nicht gegeben, da kein Verzicht auf die gerichtliche Geltendmachung vereinbart worden ist. Im Gegenteil war das gerichtliche Verfahren bereits anhängig. Auch ist die Klage nicht zurückgenommen worden. Vielmehr hat die damalige Klägerin auf einer gerichtlichen Entscheidung bestanden.
Die zweite Alternative des vorläufigen Verzichts auf Vollstreckungsmaßnahmen scheitert daran, dass zum Zeitpunkt der Einigung noch kein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorlag, was für diese Variante aber wiederum unabdingbare tatbestandliche Voraussetzung ist.
Damit lag hier also keine Zahlungsvereinbarung i.S.d. Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 zu Nr. 1000 VV vor.
Eine solche konnte hier auch nicht getroffen werden, da die Forderung selbst eingeklagt war und damit die Forderung unabhängig davon, ob sie materiell-rechtlich strittig war oder nicht, jedenfalls prozessual im Streit stand. Damit galt folglich für alle Gebühren der volle Wert.
Letztlich haben sich die Parteien über die gesamte Klageforderung geeinigt, nämlich dahingehend, dass die die jetzige Klägerin (damalige Beklagte) diese Forderung zahle, wenn ihr eine Ratenzahlung bewilligt werde.
Eine Zahlungsvereinbarung ist in einem gerichtlichen Verfahren letztlich nicht möglich, weil der Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens die volle Klagesumme ist. Hier haben die Parteien sich über das gesamte Verfahren, nämlich dessen Beendigung und Erledigung geeinigt, so dass es beim vollen Wert blieb.
Anders hätte es sich verhalten, wenn die jetzige Klägerin (damalige Beklagte) nicht aufgrund einer Vereinbarung, sondern aus eigenem Antrieb ein Versäumnisurteil gegen sich hätte ergehen lassen und die Parteien dann über die titulierte Forderung eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen hätten.
Dann hätte allerdings insoweit eine gesonderte Angelegenheit vorgelegen.
Solange aber die streitige Forderung noch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens ist und im gerichtlichen Verfahren eine Gesamteinigung getroffen wird, ist stets der volle Wert anzusetzen.
Ebenso entschieden hat das OLG Rostock im Falle eines vereinbarten Anerkenntnisses gegen Ratenzahlung.
Norbert Schneider
AGS 10/2016, S. 456 - 457