Entscheidungsstichwort (Thema)
Unanwendbarkeit des § 31b RVG auf anwaltliche Einigungsgebühr bei gerichtlichem Ratenzahlungsvergleich über die Klageforderung
Normenkette
RVG-VV Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Nr. 1003; RVG § 32; ZPO §§ 31b, 278 Abs. 6
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der ... Zivilkammer des Landgerichts X. vom 8. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Die Klägerin nahm die Beklagte auf Zahlung von 11.322,14 EUR nebst Zinsen gerichtlich in Anspruch. Nachdem die Beklagte dem Mahnbescheid uneingeschränkt widersprochen hatte, bot sie der Klägerin im streitigen Verfahren den Abschluss eines Vergleichs an. Danach sollte die Beklagte die Klageforderung in monatlichen Raten abzahlen sowie die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs tragen. Zudem sollte der gesamte dann noch offene Restbetrag sofort fällig werden, wenn die Beklagte mit der Zahlung einer Rate länger als zehn Tage in Rückstand gerät. Die Klägerin nahm den Vorschlag an. Gemäß § 278 Abs. 6 ZPO stellte das Landgericht mit Beschluss vom 14. August 2018 Zustandekommen und Inhalt des Vergleichs fest und setzte den Streitwert auf 11.322,14 EUR fest.
Die Klägerin hat Festsetzung der Gerichtskosten und anwaltlichen Kosten beantragt, unter anderem eine 1,0 Einigungsgebühr gemäß Nr. 1003, 1000 VV RVG aus einem Wert von 11.322,14 EUR. Mit Beschluss vom 8. Oktober 2018 hat die Rechtspflegerin des Landgerichts die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten antragsgemäß in Höhe von insgesamt 2.421 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Gegen diesen ihr am 9. Oktober 2018 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten, die am 12. Oktober 2018 beim Landgericht eingegangen ist. Die Beklagte macht geltend, der Vergleich beruhe auf einem Anerkenntnis der Beklagten hinsichtlich des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs sowie auf einer Vereinbarung nur über die Zahlungsmodalitäten zur Erfüllung dieses anerkannten Anspruchs. Deshalb finde § 31 b RVG Anwendung. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht ist die Rechtspflegerin davon ausgegangen, dass die von der Beklagten zu erstattende Einigungsgebühr des klägerischen Prozessbevollmächtigten aus dem vom Landgericht für die Hauptsache einschließlich des Vergleichs festgesetzten Wert zu berechnen ist (§ 32 Abs. 1 RVG) und nicht aus einem auf 20% der vom Vergleich betroffenen Forderungen zu reduzierenden Wert. Die der gegenteiligen Ansicht der Beklagten zugrunde liegende Vorschrift des § 31b RVG ist nicht anwendbar.
1. Die Bestimmung des § 31b RVG zum Gegenstandswert bei Zahlungsvereinbarungen betrifft den Fall, dass die unter anwaltlicher Mitwirkung erzielte Einigung ausschließlich eine Zahlungsvereinbarung im Sinne der Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VV RVG zum Gegenstand hat. Das ergibt sich bereits aus der Verwendung des dort legal definierten Begriffs und der ausdrücklichen Verweisung auf diesen Gebührentatbestand. Zudem folgt der entsprechende Regelungszusammenhang aus der Gesetzesbegründung (Regierungsentwurf vom 14. November 2012 zum 2. KostRMoG, BT-Drucks. 17/11471 S. 269). § 31b RVG enthält mithin eine Bestimmung zum Gegenstandswert für die Bemessung derjenigen Einigungsgebühr, die für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages entsteht, durch den (nur) die Erfüllung des Anspruchs geregelt wird bei gleichzeitigem vorläufigen Verzicht entweder auf die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs oder - wenn über den Anspruch bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt - auf Vollstreckungsmaßnahmen aus diesem Titel.
Hiervon abzugrenzen ist ein Vertrag, der den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt, der also Grund oder Höhe eines Anspruchs selbst und nicht nur dessen Erfüllung betrifft. Die Mitwirkung des Anwalts an einem solchen Vertrag löst die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG aus, sofern sich der Regelungsgehalt des Vertrages nicht darauf beschränkt, dass der Schuldner den Anspruch schlicht anerkennt oder der Gläubiger auf den Anspruch verzichtet (Nr. 1000 Abs. 1 Satz 2 VV RVG). Die Wertvorschrift des § 31b RVG gilt für diesen Vertrag auch dann nicht, wenn in ihm zugleich Zahlungsmodalitäten geregelt werden (vgl. Mayer in Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 23. Aufl., § 31b Rn. 4 und 10f; Enders in Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., § 31b Rn. 5 mwN; Klees in Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl., § 31b Rn. 3; BeckOK-Streitwert/v. Seltmann, Schuld- und Sachenrecht - Ratenzahlungsvergleich Rn. 1; Thiel in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., § 31b RVG Rn. 2 und 16; N. Schneider AGS 2014, 413 - Anmerkung zu OLG München AGS 2014, 411; AG Vaihingen an der Enz, JurBüro 2015, 550 ...