Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erhöhung des Gegenstandswertes bei Hilfsaufrechnung. Keine automatische Rechtfertigung für einen Vergleichsmehrwert durch Regelung von Zahlungsmodalitäten. Auslösen des Vergleichsmehrwertes durch vertragliche Erfüllungsregelungen unter Mitwirkung eines Rechtsanwaltes
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestimmung des § 31b RVG zum Gegenstandswert bei Zahlungsvereinbarungen betrifft den Fall, dass die unter anwaltlicher Mitwirkung erzielte Einigung ausschließlich eine Zahlungsvereinbarung im Sinne der Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VV RVG zum Gegenstand hat (so auch Schleswig-Holsteinisches OLG 14. November 2018 - 9 W 162/18, Rn. 4 f, mwN, auch zur Entstehungsgeschichte der Norm).
2. Wird eine Forderung unbedingt zur Aufrechnung gestellt, steht das ihrer Berücksichtigung bei der Gegenstandswertbemessung entgegen, § 45 Abs. 3 GKG. Zwar wird in einem solchen Fall uU über zwei Forderungen entschieden. Wirtschaftlich geht der Streit der Parteien aber nur über einen Betrag, der die Höhe der Klageforderung nicht übersteigt (vgl. BGH 14. Juli 1999 - VIII ZR 70/99, Rn. 4).
Normenkette
RVG § 39b; RVG-VV Nr. 1000 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; GKG § 45 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Cottbus (Entscheidung vom 17.08.2020; Aktenzeichen 11 Ca 10021/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus vom 17. August 2020 - 11 Ca 10021/20 - teilweise abgeändert und der Gesamtgegenstandswert auf 8.868,35 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Nichtberücksichtigung von durch die Beklagte zur Aufrechnung gestellte Forderungen bei der Gegenstandswertbemessung und die Ablehnung der Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts.
Der Kläger hat mit der Klage Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 380 Euro, durch die Beklagte einbehaltene Vergütung in Höhe von 1.440 Euro, Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.649,35 Euro und ein qualifiziertes Arbeitszeugnis geltend gemacht. Die Beklagte hat sich zur Rechtfertigung des Einbehalts der 1.440 Euro auf die Verrechnung eines Vorschusses in Höhe von 250 Euro und eine Gegenforderung in Höhe von 1.190 Euro für die Überlassung von Möbeln berufen, hilfsweise auf eine Mietzinsforderung in Höhe von 1.750 Euro.
Mit Beschluss vom 17. März 2020 hat das Arbeitsgericht einen Vergleich festgestellt, in dem sich die Beklagte zur Zahlung von 1.000 Euro netto verpflichtet hat, ggf. auf niedrigere Beträge bei entsprechender Zahlung vor Fälligkeit. Außerdem hat sich die Beklagte zur Erstellung eines Zeugnisses mit der Note "gut" verpflichtet und sich bereit erklärt, bei Änderungswünschen diesen nachzukommen, soweit sie dabei nicht gegen die Zeugniswahrheit verstoßen müsse.
Das Arbeitsgericht hat für den Antrag zu 1) 380 Euro, für den Antrag zu 2) 1.400 Euro, für den Antrag zu 3) 2.649,35 Euro und für den Antrag zu 4) 4.399 Euro (ein Bruttoeinkommen) in Ansatz gebracht.
Die Klägervertreterin ist der Ansicht, die zur Aufrechnung gestellten Forderungen seien vollständig zu berücksichtigen. Zudem liege eine Ratenzahlungsvereinbarung vor, die zu einem Vergleichsmehrwert in Höhe 200 Euro nach § 31b RVG führe. Zudem sei eine Abänderung des Zeugnisses auf die Note "gut" mit einem weiteren Bruttoeinkommen zu berücksichtigen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet, soweit das Arbeitsgericht bei der Bemessung des Wertes für den Antrag zu 2) aus der Klageschrift einen Betrag in Höhe von 40 Euro übersehen hat. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.
1) Das Arbeitsgericht hat zutreffend einen Betrag in Höhe von 250 Euro nicht berücksichtigt. Insoweit hat die Beklagte Erfüllung durch Zahlung eingewandt. Die zur Aufrechnung gestellte Forderung in Höhe von 1.190 Euro erhöht den Gegenstandswert schon deshalb nicht, weil es sich nicht um eine Hilfsaufrechnung gehandelt hat. In Höhe von 1.190 Euro hatte die Beklagte ihre Gegenforderung unbedingt zur Aufrechnung gestellt. Das steht ihrer Berücksichtigung bei der Gegenstandswertbemessung entgegen, § 45 Abs. 3 GKG. Zwar wird in einem solchen Fall uU über zwei Forderungen entschieden. Wirtschaftlich geht der Streit der Parteien aber nur über einen Betrag, der die Höhe der Klageforderung nicht übersteigt (vgl. BGH 14. Juli 1999 - VIII ZR 70/99, Rn. 4; LAG Berlin-Brandenburg 14. Juni 2018 - 26 Ta (Kost) 6048/18, zu II der Gründe). Hinsichtlich der - die Hauptforderung zudem wertmäßig übersteigenden - Hilfsaufrechnung über einen Betrag in Höhe von 1.750 Euro fehlt es für eine Zusammenrechnung an einem Streit. Nur streitige Gegenforderungen können eine Berücksichtigung bei der Berechnung des Gegenstandswerts auslösen. Es kann daher dahinstehen, ob die Gegenforderungen Gegenstand des Vergleichs gewesen sind, was nicht auszuschließen ist. Einen Vergleichsmehrwert macht die Klägervertreterin insoweit nicht geltend, was bei einer unstreitigen Forderung auch nicht erfolgreich gewesen wäre.
2) Bei der Berechnu...