Leitsatz
Schließen die Parteien im Kündigungsschutzprozess eines schwerbehinderten Arbeitnehmers einen Vergleich, durch den auch ein noch beim Integrationsamt anhängiges Verwaltungsverfahren auf Erteilung der Zustimmung zu einer beabsichtigten weiteren Kündigung miterledigt wird, so kommt dieser Regelung ein Mehrwert zu, der mit einem Bruttomonatsgehalt angemessen, aber auch ausreichend bewertet ist.
LAG Köln, Beschl. v. 17.6.2016 – 7 Ta 396/15
1 Sachverhalt
Die Parteien stritten vor dem ArbG um eine arbeitgeberseitige Kündigung. Der gekündigte Kläger war im Zeitpunkt der Kündigung erst 17 Jahre alt. Seine Bruttomonatsvergütung hatte 990,00 EUR betragen. Die Parteien schlossen schließlich einen Vergleich, in dem es u.a. auch lautete:
"Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit diesem Vergleich auch das bei der örtlichen Fürsorgestelle der Kreisverwaltung H anhängige Verfahren auf Zustimmung zu einer Kündigung (Aktenzeichen …) erledigt ist.""
Das ArbG hatte für diese Regelung zunächst keinen gesonderten Mehrwert angesetzt. Auf die Streitwertbeschwerde des Beklagtenvertreters hin billigte das ArbG in seinem Teil-Abhilfe-Beschluss einen Mehrwert in Höhe eines Bruttomonatseinkommens des Klägers in Höhe von 990,00 EUR zu.
Der Beschwerdeführer vertritt demgegenüber die Auffassung, der Mehrwert des Vergleichs sei richtigerweise mit dem Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,00 EUR zu bewerten. Dies entspreche der Rspr. der Verwaltungsgerichte für Verfahren auf Zustimmung des Integrationsamtes zu einer Kündigung. Hilfsweise, so meint der Beklagtenvertreter, wäre mindestens das Quartalverdienst des Klägers in Höhe von 2.970,00 EUR anzusetzen. Es sei zu beachten, dass es in dem miterledigten Verwaltungsverfahren nicht um dieselbe Kündigung gegangen sei, die Gegenstand des laufenden Kündigungsschutzverfahrens gewesen war, sondern um eine vom Beklagten beabsichtigte weitere Kündigung.
Das ArbG hat eine weitergehende Abhilfe abgelehnt.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist unbegründet. Die Ansetzung eines Vergleichsmehrwerts in Höhe eines Bruttomonatseinkommens des Klägers (hier 990,00 EUR) ist nicht zu beanstanden.
1. Zutreffend ist nach Auffassung des Beschwerdegerichts, dass der Regelung des Vergleichs überhaupt ein Mehrwert zukommt; denn das Verwaltungsverfahren, das miterledigt wurde, betraf nicht etwa dieselbe Kündigung, die auch Streitgegenstand des Verfahrens war, sondern diente der Vorbereitung einer vom Arbeitgeber beabsichtigten weiteren Kündigung, die wiederum Gegenstand eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens hätte werden können.
2. Die Bewertung des Vergleichsmehrwerts mit einem Monatsgehalt des Arbeitnehmers erscheint jedoch sachgerecht und angemessen. Die Argumente, die der Beschwerdeführer für einen höheren Vergleichsmehrwert anführt, erscheinen nicht stichhaltig.
a) Fernliegend erscheint es, einen Mehrwert in Höhe von 5.000,00 EUR anzusetzen. Der Hinweis auf die Rspr. der Verwaltungsgerichte zu dem Streitwert von dortigen Verfahren über die Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung überzeugt aus mehreren Gründen nicht:
aa) Zum einen wurde kein Verwaltungsgerichtsverfahren miterledigt. Es ging vielmehr lediglich um ein behördliches Antragsverfahren, das sich – soweit ersichtlich – noch nicht einmal im Stadium des Widerspruchsverfahrens befand.
bb) Zum anderen weist der vorliegende Fall die Besonderheit auf, dass der hier betroffene Arbeitnehmer nur über ein niedriges Monatseinkommen verfügte, so dass sein Quartalsverdienst in Höhe von 2.970,00 EUR weit unterhalb des Hilfswertes des § 52 Abs. 2 GKG angesiedelt ist. Der Streitwert eines Kündigungsschutzverfahrens wird durch § 42 Abs. 2 S. 1 GKG auf das Vierteljahresverdienst des gekündigten Arbeitnehmers gedeckelt. Es bedeutete einen eklatanten Wertungswiderspruch, ein Verwaltungsverfahren, bei dem es lediglich darum geht, eine formalrechtliche Voraussetzung für eine in Zukunft möglicherweise auszusprechende weitere Kündigung zu schaffen, mit einem beinahe doppelt so hohen Streitwert zu bewerten wie das Kündigungsschutzverfahren um eine bereits ausgesprochene Kündigung selbst.
cc) Es steht nach Auffassung des Beschwerdegerichts zu erwarten, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem das Quartalseinkommen des zu kündigenden Arbeitnehmers weit unterhalb des Hilfswertes von 5.000,00 EUR liegt, auch die Verwaltungsgerichte Verwaltungsgerichtsverfahren über die Wirksamkeit der Zustimmung des Integrationsamtes mit einem niedrigeren Wert bewerten würden.
b) Aber auch der Ansatz in Höhe des Betrages eines Quartalsverdienstes erscheint als Bewertung zu hoch.
aa) Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei dem miterledigten Verwaltungsverfahren lediglich um eine sich noch im Anfangsstadium der Vorbereitung befindende Vorstufe zu einer künftigen Kündigung, von der noch nicht einmal endgültig feststeht, dass sie überhaupt jemals ausgesprochen worden wäre. Das Beschwerdegericht teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass daher ein deutli...