ZPO §§ 103 Abs. 1, 104, 269 Abs. 3 S. 1 Hs. 2, 269 Abs. 4 S. 1
Leitsatz
- Eine Kostengrundentscheidung, durch welche dem Antragsteller eines einstweiligen Verfügungsverfahrens dessen Kosten auferlegt werden, wird gem. § 269 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 ZPO kraft Gesetzes wirkungslos, wenn innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist die Rücknahme des Antrags erklärt wird.
- Für die Kostenfestsetzung geeigneter Titel i.S.d. § 103 Abs. 1 ZPO ist in diesem Fall nicht die vor der Antragsrücknahme getroffene Kostengrundentscheidung, sondern ein gem. § 269 Abs. 4 S. 1 ZPO auf Antrag des Antragsgegners zu erlassender Kostenbeschluss.
- Ein auf der Grundlage der wirkungslosen Kostengrundentscheidung ergangener Kostenfestsetzungsbeschluss entfaltet wegen des Akzessorietätsgrundsatzes ebenfalls keine Rechtswirkungen.
- Die Kostenerstattungspflicht weiterer Antragsteller, die den Antrag nicht zurückgenommen haben, wird durch die (Teil-)Unwirksamkeit der Kostengrundentscheidung und des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht berührt.
OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.3.2018 – 9 W 3/18
1 Sachverhalt
Das LG hat mit Beschl. v. 10.5.2017 (den Antragstellern jeweils zugestellt am 12.5.2017) den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich des Antragstellers zu 1 als unzulässig sowie hinsichtlich der Antragsteller zu 2 und 3 als unbegründet zurückgewiesen und den Antragstellern die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit Schriftsatz vom 12.5.2017 hat der Antragsteller zu 1 seinen Antrag zurückgenommen und zugleich für die Antragsteller zu 2 und 3 sofortige Beschwerde gegen den Beschl. v. 10.5.2017 eingelegt, welche der 4. Zivilsenat des Saarländischen OLG durch Beschl. v. 3.7.2017 – 4 W 8/17 – als unzulässig verworfen hat.
Die Rechtspflegerin des LG hat durch Beschl. v. 27.10.2017 die von den Antragstellern an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten der ersten Instanz antragsgemäß auf 6.726,48 EUR nebst Zinsen ab Eingang des Festsetzungsantrags festgesetzt. Dem hiergegen – sowie gegen den weiteren Kostenfestsetzungsbeschluss v. 27.10.2017, durch den die erstattungsfähigen Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen die Antragsteller zu 2 und 3 festgesetzt wurden – gerichteten Rechtsmittel der Antragsteller hat die Rechtspflegerin nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt. Das die Kostenfestsetzung für die zweite Instanz betreffende Rechtsmittel ist durch Senatsbeschl. v. 20.2.2018 – 9 W 4/18 – zurückgewiesen worden.
2 Aus den Gründen
Das Rechtsmittel gegen den die Kosten des erstinstanzlichen einstweiligen Verfügungsverfahrens betreffenden Kostenfestsetzungsbeschluss des LG vom 27.10.2017 ist als sofortige Beschwerde (§ 104 Abs. 3 S. 1, § 567 ZPO) statthaft und auch i.Ü. zulässig.
Soweit die Kostenerstattungspflicht des Antragstellers zu 1 betroffen ist, kann eine Sachentscheidung nicht ergehen. gem. § 103 Abs. 1 ZPO findet die Kostenfestsetzung auf der Grundlage eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels statt. Ein solcher liegt – was im Kostenfestsetzungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen ist – zumindest derzeit hinsichtlich des Antragstellers zu 1) nicht vor. Der Beschluss des LG v. 10.5.2017, in dem die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens den Antragstellern auferlegt wurden, scheidet hinsichtlich des Antragstellers zu 1 als Kostentitel aus, nachdem dieser mit Schriftsatz vom 12.5.2017 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgenommen hat.
Die auf den Antragsteller zu 1 beschränkte Antragsrücknahme, als welche auch der 4. Zivilsenat des Saarländischen OLG in seinem Beschl. v. 3.7.2017 – 4 W 8/17 – die Erklärung gewertet hat, war wirksam. Eine Klage oder ein Antrag im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes kann auch noch nach Abschluss der Instanz zurückgenommen werden, solange – wie hier bei Eingang der Rücknahmeerklärung der Fall – die Rechtsmittelfrist läuft (vgl. BGH, NJW 1995, 1095, 1096; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 269 Rn 8). Der Einwilligung der Antragsgegnerin bedurfte es nicht, da § 269 Abs. 1 ZPO – anders als § 269 Abs. 3 und 4 ZPO – im Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren keine Anwendung findet (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 920 Rn 13 ff.; MüKo-ZPO/Drescher, 5. Aufl., § 920 Rn 11 jew. m.w.N.). Davon abgesehen fand eine mündliche Verhandlung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem LG nicht statt; auch das zunächst mit der Sache befasste AG Homburg hatte in dem Termin am 4.5.2017 ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht über den Antrag verhandelt, sondern lediglich die sachliche Zuständigkeit des AG erörtert.
Infolge der Antragsrücknahme wurde der Beschl. v. 10.5.2017, soweit darin über den Antrag des Antragstellers zu 1 entschieden worden war, gem. § 269 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 ZPO kraft Gesetzes wirkungslos. Die gesetzliche Rechtsfolge der Rücknahme erfasste auch die Kostengrundentscheidung, soweit diese den Antragsteller zu 1 betraf. Zwar war die Kostengrundentscheidung im Ergebnis richtig, weil der Antragsteller zu 1 nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO die – zum Zeitpunkt...