Das SG Berlin hat mit seiner Entscheidung v. 16.5.2019 zwar nicht unmittelbar zur Möglichkeit der Leistung "pro bono", sondern über eine Klage der Beratungsperson gegen den erstattungspflichtigen Gegner zu entscheiden; im Kontext lieferte die Entscheidung jedoch wichtige Anhaltspunkte und Klarstellungen. Zunächst einmal stellte das Gericht fest, dass der Rechtsanwalt auf seine Vergütung dann verzichten kann, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung von BerH vorliegen. Dies sei durch den Gesetzgeber mit der Reform der PKH und des BerHG neu geschaffen worden. Dieses "Novum" – so das SG Berlin – sei lediglich eine Umsetzung "praktischer Verhältnisse." Denn nach einer Studie des Soldan Instituts für Anwaltsmanagement aus dem Jahr 2011 würden bereits etwa zwei Drittel aller Anwälte vor der Reform mehrere Mandate im Jahr pro bono bearbeiten. Zusätzlich sei davon auszugehen, dass vor der Reform bereits in etlichen Fällen, in denen Anwälte BerH leisten, aus Gründen mangelnder Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Ertrag ohnehin darauf verzichtet worden sei, einen Vergütungsantrag bei Gericht zu stellen.
Dabei komme es nach dem Gericht nicht darauf an, ob tatsächlich BerH beantragt worden sei. Die "Voraussetzungen", also zum einen die wirtschaftlichen, zum anderen die objektiven, müssten lediglich gegeben sein. Für den Leser dieser Zeitschrift beachtenswert: es ist nach allgemeiner Anschauung also nicht alleine darauf abzustellen, dass die Partei bedürftig ist und die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind. Auch das (Nicht-)Vorhandensein anderer Hilfsmöglichkeit oder die Mutwilligkeit sind folglich bei der Beantwortung dieser Frage mit ins Kalkül zu ziehen. Das SG Berlin stellt klar fest, dass nach § 4 Abs. 1 S. 4 RVG die Vorschrift § 9 BerHG unberührt bleibe. Dies bedeute, dass selbst ein Verzicht auf die Gebühren keine "Vorteile" für den erstattungspflichtigen Gegner auslöse. Nach dem Willen des Gesetzgebers solle der Vergütungsverzicht des pro bono tätig gewordenen Bevollmächtigten jedoch nicht einem erstattungspflichtigen Gegner zu Gute kommen, sondern dieser sollte verpflichtet bleiben, die Kosten für die anwaltliche Vertretung zu übernehmen. Folglich könne die Beratungsperson – auf die der Anspruch übergegangen ist – sich weiterhin gegen einen erstattungspflichtigen Gegner wenden. Eine Aufrechnung dessen mit Forderungen gegen den Rechtsuchenden und Ansprüchen gegen diesen scheide i.Ü. mangels Aufrechnungslage und Gegenseitigkeit aus.