FamFG § 76 Abs. 1; ZPO §§ 120a Abs. 1. S. 3, Abs. 4 S. 2, 124 Nr. 2, 2. Alt.
Leitsatz
Im VKH-Prüfungsverfahren ist der Beteiligte verpflichtet, zu erklären, ob sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Vergleich zu seinen Angaben in dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe verändert habe. Er hat dazu das Antragsformular zu benutzen, also vollständig auszufüllen, und auf Verlangen des Gerichts Belege vorzulegen.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.1.2019 – 13 WF 10/19
1 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der Tatbestand der § 113 Abs. 1 FamFG, § 124 Nr. 2 Var. 2 ZPO ist erfüllt und das Aufhebungsermessen daher eröffnet.
Eine auf § 124 Nr. 2 Var. 2 ZPO gestützte Aufhebung setzt voraus, dass der Beteiligte die Erklärung nach § 120a Abs. 1 S. 3 ZPO nicht oder ungenügend abgegeben hat. Der Beteiligte ist verpflichtet zu erklären, ob sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Vergleich zu seinen Angaben in dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe (VKH) verändert haben (§ 120a Abs. 1 S. 3 ZPO). Er hat dazu das Antragsformular zu benutzen (§ 120a Abs. 4 S. 1 ZPO), also vollständig auszufüllen, und auf Verlangen des Gerichts Belege vorzulegen (§§ 120a Abs. 4 S. 2, 118 Abs. 2 S. 1 ZPO). Damit soll auch in diesem Verfahren, ebenso wie vor der erstmaligen Bewilligung, eine vollständige und wirksame Prüfung ermöglicht werden. § 124 Nr. 2 Var. 2 ZPO entspricht zu diesem Zwecke dem § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO: die Bewilligung ist abzulehnen, und sie kann aufgehoben werden, wenn sich der Beteiligte der Mitwirkung an den erforderlichen Überprüfungen verweigert (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 32. Aufl., 2018, § 124 Rn 10).
Die dem Antragsgegner mitgeteilte Pflicht, das Erklärungsformular zu verwenden und Belege vorzulegen (Verfügungen des AG vom 10.7, 10.9. u. 24.10.2018), beschreibt die sich aus dem Gesetz ergebende Mitwirkungsobliegenheit und ist, soweit Ermessen eröffnet ist (§§ 120a Abs. 4 S. 2, 118 Abs. 2 ZPO), sachlich begründet. Die Prüfung, ob und ggfs. wie sich die wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben und ob und in welcher Höhe deshalb eine Beteiligung an den Verfahrenskosten gerechtfertigt ist, setzt eine vollständige, schlüssige Darlegung der Einnahmen und Ausgaben voraus. Im Prüfungsverfahren nach § 120a Abs. 1 ZPO besteht insoweit kein anderes Obliegenheitsverhältnis des Beteiligten gegenüber dem Gericht als vor der Erstentscheidung: dem Anspruch auf Hilfe steht die Obliegenheit gegenüber, die Hilfsbedürftigkeit selbst darzulegen. Der von einer VKH-Bewilligung Begünstigte hat glaubhaft darzulegen, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert haben oder wie sie sich geändert haben. Er muss an einer vollständigen Prüfung mitwirken, ob und ggfs. wie sich die Verhältnisse verändert haben.
Die Formularpflicht (§ 120a Abs. 4 S. 1 ZPO) geht deshalb über eine bloße Förmelei hinaus. Das Formular verlangt und ermöglicht eine vollständige, gegliederte Darstellung der Einnahmen, Ausgaben und des Vermögens. Es erleichtert damit sowohl dem Verpflichteten eine lückenlose Darlegung, bei der nichts ausgelassen wird, wenn sämtliche Formularfelder ausgefüllt werden, als auch dem Gericht eine Überprüfung anhand einer übersichtlichen Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse.
Zu den Mitwirkungsobliegenheiten gehört auch, die Höhe der Einnahmen und Ausgaben durch Gehaltsbescheinigungen und Kontoauszüge zu belegen, damit Umfang und Herkunft der Einnahmen sowie ihre Verwendung vollständig geprüft werden können (Senatsbeschl. Rpfleger 2015, 152).
Der Antragsgegner hat diese Obliegenheiten nicht erfüllt. Das Formular hat er nicht vorgelegt. Die "Gewinnermittlung", die er mit der Beschwerde vorgelegt hat, kann nicht nur das Formular nicht ersetzen, sondern sie wird auch einer schlüssigen und vollständigen Darstellung der Einkommensverhältnisse nicht gerecht. Belege sind nicht beigefügt. Der Zeitraum, auf den sich die mitgeteilten Werte beziehen, wird mehrmals voneinander abweichend angegeben. Eine vollständige Prüfung, ob dem Antragsgegner im Monatsdurchschnitt jetzt ein höheres einsetzbares Einkommen zur Verfügung steht als zur Zeit der Bewilligung der VKH, ist anhand der vorgelegten Angaben nicht möglich.
Das durch § 124 Abs. 1 ZPO intendierte Aufhebungsermessen wird zu Lasten des Antragsgegners ausgeübt. Es ist nicht zu verkennen, dass die Rückzahlung der an seinen Verfahrensbevollmächtigten gezahlten Vergütung den Antragsgegner schwer belasten könnte. Andererseits ist kein Grund zu erkennen, der die Nachlässigkeit des Antragsgegners in milderem Licht erscheinen lassen könnte. Er hat eine mit wenig Mühe verbundene Mitwirkungshandlung unterlassen. Nachdem er mehrere Fristsetzungen des AG unbeachtet gelassen hat, ist die Aufhebung der VKH gerechtfertigt.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht.
AGS 10/2019, S. 479 - 480