Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Zum 1.1.2021 soll das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 in Kraft treten. Zwischenzeitlich liegt der Regierungsentwurf vor, sodass davon auszugehen ist, dass das Gesetz auch pünktlich in Kraft treten wird. Nicht nur die Gebührenbeträge sollen angehoben werden. Auch inhaltlich sollen wichtige Änderungen vorgenommen werden. Im Aufsatzteil berichtet Volpert (S. 445) über die wichtigsten geplanten Änderungen.
Das LG Freiburg (S. 457) hatte sich umfangreich mit der Wirksamkeit einer Vergütungsvereinbarung zu befassen. Es hat einen 6-Minuten-Zeittakt als zulässig angesehen. Die Entscheidung ist allerdings vor der grundlegenden BGH-Entscheidung ergangen. Gleichwohl dürfte sie für die Praxis eine erhebliche Bedeutung haben.
Strittig ist, wie der Anwalt in einem Notarbeschwerdeverfahren abrechnet. Mit dieser Frage hat sich das OLG Frankfurt (S. 466) befasst. Es geht davon aus, dass die Vorschriften des Berufungsverfahrens nach den Nrn. 3200 ff. VV anzuwenden sind.
Problematisch ist, ob gegen eine Erstreckungsentscheidung nach § 48 Abs. 6 S. 3 RVG bzw. deren Unterlassen eine isolierte Beschwerde möglich ist. Das OLG Bremen verneint dies (S. 470).
Das OVG Hamburg (S. 471) stellt klar, dass die Verfahrensdifferenzgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV keinen Klageauftrag voraussetzt, sondern dass die ermäßigte Verfahrensgebühr auch dann anfällt, wenn lediglich ein Verhandlungs- oder Protokollierungsauftrag hinsichtlich nicht anhängiger Gegenstände erteilt worden ist.
Ein Dauerstreitthema ist die Frage, ob eine fiktive Terminsgebühr auch bei einem stattgebenden Gerichtbescheid anfallen kann. Das VG München bejaht dies (S. 475).
Wird über einen Unterlassungsanspruch ein Vergleich geschlossen, dann fehlt es an einer gerichtlichen Strafandrohung. Diese muss vielmehr gesondert nachgeholt werden. Das OLG Stuttgart stellt klar (S. 477), dass damit bereits die Zwangsvollstreckung beginnt und diese Tätigkeit die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV auslöst.
Der BGH (S. 478) hatte sich zum wiederholten Male damit zu befassen, nach welchem Gegenstandswert ein Anwalt des Rechtsmittelführers abrechnet, wenn er das Rechtsmittel zunächst unbeschränkt einlegt, dann aber nur in beschränktem Umfang begründet. Er stellt klar, dass der Gegenstandswert für die Verfahrensgebühr des Anwalts in diesem Fall mit dem vollen Wert der Beschwer identisch ist. Nur für Gericht und Gegenanwalt sowie die weiteren Gebühren ist lediglich der Wert des beschränkten Antrags maßgebend.
In gleich zwei Entscheidungen hatte der BGH sich wieder einmal mit der Frage zu befassen, wie die Beschwer zu berechnen ist, wenn der Beklagte bzw. der Antragsgegner zur Auskunftserteilung unter Vorlage von Belegen verpflichtet worden ist. In beiden Fällen hat der BGH einen Wert des Beschwerdegegenstands von unter 600,00 EUR angenommen (S. 479 u. 480).
Immer wieder ist zu beobachten, dass in Ordnungsmittelverfahren Gerichte einen "Streitwert" festsetzen. Das OLG Frankfurt (S. 483) stellt zum wiederholten Male klar, dass es einen solchen Streitwert nicht gibt, da bei Gericht nach Festgebühren abzurechnen ist. Auf eine Beschwerde hin ist eine solche Wertfestsetzung aufzuheben, um den Rechtsschein einer Wertfestsetzung zu vermeiden.
Mit dem Streitwert für die Verlängerung einer Räumungsfrist befasst sich das LG Bamberg (S. 484). Dabei übersieht das Gericht allerdings, dass es auch hier gar keinen Streitwert gibt, da das Verfahren gerichtsgebührenfrei ist.
Kontrovers wird in der Praxis auch die Frage behandelt, ob in Asylverfahren eine Streitwertbeschwerde zulässig ist. Die ganz überwiegende Rechtsprechung verneint dies (OVG Sachsen-Anhalt, S. 486; OVG Bremen, S. 487; OVG Nordrhein-Westfalen, S. 488). Diese Rechtsprechung ist gesetzeswidrig und widerspricht dem klaren Wortlaut des § 1 Abs. 3 RVG, was die Gerichte aber nicht daran hindert, regelmäßig die Beschwerden als unzulässig zu verwerfen.
Strittig ist ferner, ob im Verfahren nach dem AsylG eine Aktenversendungspauschale vom Anwalt erhoben werden darf, wenn dieser Akteneinsicht beantragt. Das VG Meiningen lehnt dies ab (S. 491).
Mit der Höhe der zu erstattenden Gerichtsgebühr bei Rückabwicklungsverlangen im Rahmen des sog. "Diesel-Abgasskandals" befasst sich das OLG Celle (S. 496).
Autor: Norbert Schneider
Rechtsanwalt Norbert Schneider
AGS 10/2020, S. II