Für das LG ist die Ansicht des OLG Bamberg nicht zu überzeugend.
Dass Teil 4 Abschnitt 2 VV auf die Überschriften des 7. Buches 1. Abschnitt der StPO Bezug nehme, sei durch die Gesetzgebungsgeschichte nicht belegt. Dagegen spreche, dass im Jugendstrafrecht mit § 66 JGG eine dem § 460 StPO vergleichbare Norm existiere. Gem. dessen Abs. 1 sei dann, wenn die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe (§ 31 JGG) unterblieben sei und die durch die rechtskräftige Entscheidung erkannten Rechtsfolgen noch nicht vollständig erledigt seien, durch den Richter eine solche Entscheidung nachträglich zu treffen. Ob auch in diesem Verfahren eine Gebühr nach Nr. 4204 VV wie in dem Verfahren der nachträglichen Gesamtstrafe nach § 460 StPO entstehe, werde – soweit ersichtlich – nicht diskutiert. Zumindest könnte dies – anders als bei § 460 StPO – nicht auf die systematische Stellung gestützt werden. Denn anders als § 460 StPO sei in dem – zeitlich erst später verabschiedeten – JGG zutreffend der § 66 JGG nicht im Kapitel über die Strafvollstreckung (§ 82 ff. JGG), sondern unter der (zutreffenden) Überschrift "Ergänzende Entscheidungen" im Zusammenhang mit dem Erkenntnisverfahren aufgeführt. Dafür, dass der Gesetzgeber das Verfahren nach § 460 StPO dem Vollstreckungsverfahren, das Verfahren nach § 66 JGG trotz der Vergleichbarkeit aber dem Erkenntniserfahren zuordnen wollte, gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Es wäre zudem verfehlt, dem Rechtsanwalt im Verfahren nach § 66 JGG eine Gebühr nach Nr. 4204 VV zuzubilligen, im Verfahren nach § 460 StPO aber nicht.
Zudem gebe es vergleichbare Nachtragsverfahren auch an anderen Stellen. Bspw. sei in § 57 JGG vorgesehen, dass das Gericht nachträglich durch Beschluss über die Frage entscheide, ob eine Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt werde. Gebührenrechtlich solle hier anderes gelten als bei dem Nachtragsverfahren nach § 460 StPO. Es handele sich um ein "Nachverfahren" und nicht um eine vom ursprünglichen Erkenntnisverfahren unterschiedliche Angelegenheit (Burhoff/Volpert, in: Burhoff/Kotz, Handbuch für die strafrechtlichen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe, 2. Aufl., 2016, Teil D: Vergütung und Kosten, Rn 248). Auch handele sich nicht (schon) um Strafvollstreckung, sodass auch die Gebühren i.S.v. Teil 4 Abschnitt 2 VV nicht entstehen würden (Burhoff/Volpert, a.a.O.). Letzteres sei zutreffend. Wieso man nicht in gleicher Weise bei dem Nachverfahren nach § 460 StPO entscheide, erschließe sich für die Kammer nicht. Im Gegenteil: Bei der nachträglichen Entscheidung über die Aussetzung einer bereits rechtskräftigen Jugendstrafe zur Bewährung liegt es sogar näher, von einem Verfahren in der Strafvollstreckung auszugehen als bei der Festlegung der Strafe als solcher im Verfahren nach § 460 StPO. Indes sei beides nicht zutreffend.
Hinzu kommt nach Auffassung des LG, dass die Gegenansicht nicht hinreichend berücksichtigt, dass in der Gesetzesbegründung zum RVG ausdrücklich erläutert worden sei, wieso das Bewährungswiderrufsverfahren, das ebenfalls im 7. Buch der StPO geregelt sei, in Teil 4 Abschnitt 2 VV einbezogen wurde (BT-Drucks 14/8818, 85). Es sei also erkennbar für den Gesetzgeber gerade nicht selbstverständlich, dass alle im 7. Buch Abschnitt 1 der StPO geregelten Verfahren nach Teil 4 Abschnitt 2 VV vergütet werden. Vielmehr habe der Gesetzgeber dies ausdrücklich geregelt und begründet, obwohl das Widerrufsverfahren noch deutlich stärker auf das Strafvollstreckungsverfahren bezogen sei als das Verfahren nach § 460 StPO. So knüpfe das Widerrufsverfahren an das rechtskräftige Erkenntnis an und stelle keine Strafzumessung dar, weshalb man es durchaus der Strafvollstreckung zuordnen könne. In Verfahren nach § 460 StPO werde dieses Erkenntnis dagegen erst geschaffen, womit es sich zweifellos um Strafzumessung handelt.
Neben dem OLG Bamberg (a.a.O.) vertrete auch das LG Cottbus (StRR 11/2018, 26) die Gegenansicht. Ergänzend führe es an, die Annahme, die Tätigkeit des Verteidigers im Rahmen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung sei nicht vergütungspflichtig, führe zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung des mandatierten oder zum Pflichtverteidiger bestellten Rechtsanwaltes. Denn der Rechtsanwalt müsse sich in dem Verfahren zur Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe erneut mit dem – bereits abgeschlossenen – Ursprungsverfahren beschäftigen, wobei die nachträgliche Gesamtstrafenbildung nicht immer in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Verfahrens stehen muss. Es bedürfe also unter Umständen – anders als bei einer Gesamtstrafenbildung im Erkenntnisverfahren – einer gewissen Einarbeitungszeit. Außerdem müsse sich der Rechtsanwalt erstmals mit den in anderen Verfahren verhängten Strafen befassen, die in die zu bildende nachträgliche Gesamtstrafe einbezogen werden sollen. Er werde regelmäßig Akteneinsicht nehmen und die Sach- und Rechtslage gegebenenfalls nochmals mit dem Mandanten gesondert erörtern müssen. All dies rechtfertige es aus Sicht des LG ...