[Ohne Titel]
Die Abrechnung der anwaltlichen Tätigkeit des Strafverteidigers, der in mehreren Verfahren tätig gewesen ist, macht in der Praxis häufig Schwierigkeiten. Diese treten insbesondere dann auf, wenn der Rechtsanwalt in mehreren Verfahren tätig ist bzw. gewesen ist, die dann verbunden werden. Sie ergeben sich aber auch im Fall der (Ab-)Trennung und der Verweisung. Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich zunächst nur mit den vergütungsrechtlichen Auswirkungen der Verbindung von Verfahren. Die bei der (Ab-)Trennung oder der Verweisung entstehenden Problem werden in gesonderten Beiträgen dargestellt.
I. Geltungsbereich
1. Sachlich
Die nachfolgenden Ausführungen gelten für das Strafverfahren (Teil 4 VV). Sie gelten auch für das Bußgeldverfahren nach Teil 5 VV.
2. Persönlich
Die Ausführungen gelten für den Wahlanwalt, i.d.R. also für den (Wahl-)Verteidiger, und auch für den bestellten/beigeordneten Rechtsanwalt, i.d.R. also den Pflichtverteidiger. Für den Pflichtverteidiger besteht über die allgemeine Problematik hinaus die sich aus § 48 Abs. 6 RVG ergebende besondere Problematik der Erstreckung. Diese ist nicht Gegenstand dieses Beitrags. Wegen der Einzelheiten dazu wird verwiesen auf Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., 2021, § 48 Abs. 6 Rn 1 ff.; Burhoff, StraFo 2014, 454; N. Schneider, StraFo 2014, 410.
II. Grundsatz
Werden verschiedene Straf- bzw. Bußgeldverfahren zu einem einheitlichen Verfahren verbunden, erhält der Rechtsanwalt ab der Verbindung nur noch in dem verbundenen Verfahren Gebühren. Es liegt dann nur noch eine Angelegenheit vor, die gebührenrechtlich eigenständig behandelt wird.
III. Verbindungsarten
Die StPO kennt die Verschmelzungsverbindung und die sog. Verhandlungsverbindung.
1. Abgrenzung
Die StPO regelt die Verbindung von Strafsachen in den §§ 2, 4 StPO bzw. in § 237 StPO. Die §§ 2 ff. StPO erfassen die Verschmelzungsverbindung. Das ist die Verbindung sog. "zusammenhängender Strafsachen". Der Begriff des Zusammenhangs ist in § 3 StPO erläutert: Er ist gegeben, wenn eine Person mehrerer Strafsachen beschuldigt wird oder u.a. dann, wenn bei einer Tat mehrere Personen als Täter oder Teilnehmer in Betracht kommen. Folge der Verbindung nach den §§ 2 ff. StPO ist, dass durch die Verbindung die vorher getrennten Verfahren zu einem neuen Verfahren "verschmolzen" werden.
Von dieser "Verschmelzungsverbindung" zu unterscheiden ist die auf § 237 StPO beruhende Verhandlungsverbindung. Diese erfolgt lediglich zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung. Folge ist "lediglich für die Dauer der Hauptverhandlung eine lose Verfahrensverbindung, durch die die Selbstständigkeit der verbundenen Sachen nicht berührt wird"; jede Sache folgt weiterhin ihren eigenen Gesetzen.
2. Folgen der Abgrenzung
Dieser Unterschied hat auch gebührenrechtliche Konsequenzen: Bei einer Verbindung nach den §§ 2 ff. StPO (s. oben III., 1.) liegt nach der Verbindung auch nur noch eine gebührenrechtliche Angelegenheit vor, mit der Folge, dass nur noch in dieser einen Angelegenheit Gebühren entstehen können. Bei den lediglich zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung verbundenen Sachen (§ 237 StPO) behalten die Verfahren auch ihre gebührenrechtliche Selbstständigkeit, mit der Folge, dass in jedem Verfahren weiterhin gesonderte Gebühren entstehen können.
IV. Verschmelzungsverbindung
1. Gebührenrechtliche Konsequenzen
a) Allgemeines
Gebührenrechtlich gilt in den Fällen der §§ 2 ff. StPO: Die einzelnen Verfahren, die miteinander verbunden werden, sind bis zur Verbindung eigenständige gebührenrechtlich getrennte Angelegenheiten. Auf die bis dahin (jeweils) entstandenen Gebühren hat die Verbindung keinen Einfluss (§ 15 Abs. 4 RVG). Diese Gebühren bleiben dem Rechtsanwalt/Verteidiger erhalten.
Nach der Verbindung handelt es sich bei den verbundenen Verfahren nur noch um eine gebührenrechtliche Angelegenheit. In dieser entstehen die Gebühren, deren Tatbestand erst nach Verbindung ausgelöst wird, nur noch einmal und nicht mehr in jedem verbundenen Verfahren gesondert (§ 15 Abs. 2 RVG). Das gilt auch, soweit nach Teil 7 VV Auslagentatbestände in den verbundenen Verfahren verwirklicht und insoweit Vergütungsansprüche entstanden sind bzw. nach Verbindung noch entstehen.