1. Allgemeines

Der Ermittlungsrichter des BGH hat einen Anspruch auf Auslagenerstattung aus § 2 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. Nr. 7000 Nr. 1 lit. a) VV verneint. Nach der gesetzlichen Regelung könne der Ersatz von Auslagen für Kopien und Ausdrucke aus Gerichtsakten verlangt werden, soweit diese zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten oder zur notwendigen Unterrichtung des Auftraggebers zu fertigen waren. Maßgeblich hierfür sei die Sicht eines verständigen und durchschnittlich erfahrenen Rechtsanwalts (vgl. BGH NJW 2005, 2317 = AGS 2005, 306); hierbei seien auch die konkrete Verfahrensart und das Verfahrensstadium zu berücksichtigen. Die Darlegungs- und Beweisleist im Auslagenerstattungsverfahren obliegt dem Rechtsanwalt als Antragssteller (vgl. KG RVGreport 2016, 147 = StRR 1/2016, 19; OLG Düsseldorf RVGreport 2016, 64; OLG München RVGreport 2015, 106 = StRR 2015, 159; OLG Rostock AGS 2014, 553 = RVGreport 2014, 471).

Im Einzelnen gelte weiter Folgendes:

2. Konkreter Sachvortrag

Es bedürfe für die erforderliche Substantiierung eines konkreten Tatsachenvortrags. Dieser habe namentlich erkennen zu lassen, dass sich der Rechtsanwalt der ihm hierbei eingeräumten Einschätzungsprärogative ebenso bewusst gewesen ist, wie seiner Pflicht zur kostenschonenden Prozessführung. Wenn der Akteninhalt vollständig und verlässlich in digitalisierter Form zu einem Zeitpunkt vorliege, zu dem sich der Pflichtverteidiger noch in den Verfahrensstoff einarbeiten könne, könne dieser regelmäßig auf diese Form der Information über den Akteninhalt verwiesen werden; die Fertigung eines Gesamtaktenausdrucks erweise sich in diesen Fällen als grds. nicht erforderlich (OLG Braunschweig RVGreport 2016, 97 = Sonderausgabe StRR 5/2016, 8; OLG Düsseldorf StraFo 2014, 527; OLG Köln StraFo 2010, 131 = RVGreport 2010, 99 = StRR 2010, 278; OLG Rostock, a.a.O.).

3. Haftsachen

Diese Maßgaben finden nach Ansicht des BGH grds. auch Anwendung auf Haftsachen. Allerdings sei die vom Rechtsanwalt zu gewährleistende sachgerechte Verteidigung im Lichte der haftspezifischen Beschränkungen des Verteidigermandats des Einzelfalles zu bewerten. Werde dem inhaftierten Beschuldigten ein Datenträger und ein Wiedergabegerät mit dem der Akteneinsicht unterstehenden Verfahrensstoff in der Justizvollzugsanstalt durch die Anklagebehörde zur Verfügung gestellt, scheide ein erstattungsfähiger Ausdruck der digitalen Aktenbestandteile für den Mandanten durch den Rechtsanwalt grds. aus; dies gelte gleichermaßen, wenn die Übergabe eines solchen Datenträgers konkret absehbar sei oder gar unmittelbar bevorstehe. Dasselbe gilt nach den weiteren Ausführungen des Ermittlungsrichters des BGH, wenn sich der Umfang der Verfahrensakten als überschaubar erweise und der Rechtsanwalt entweder die Akten in Papierform oder aber in digitalisierter Form zur Besprechung in die Justizvollzugsanstalt zum Mandantengespräch verbringen und auf diesem Weise dem Mandanten Kenntnis verschaffen könne. Sei ein solches Mandantengespräch angesichts des Umfangs oder der Schwierigkeit des Sache im Ausnahmefall nur sinnvoll oder auch tatsächlich nur dann durchführbar, wenn der Mandant die relevanten Aktenteile zuvor selbst gelesen habe, könne der Ausdruck der digitalen Akte insoweit im Einzelfall auch in größerem Umfang zur Vorbereitung geboten sein. Werde in diesen Fällen trotz haftspezifischer Beschränkungen durch die Anklagebehörde keine digitalisierte Verfahrensakte zur Verfügung gestellt oder werde dieses erst für einen mit dem Gebot sachgerechter Verteidigung unvereinbaren Termin in Aussicht gestellt, so liege die Notwendigkeit zumindest eines teilweisen Ausdrucks digitalisierter Verfahrensakten zur sachgerechten Verteidigung regelmäßig auf der Hand. In jedem Fall habe der Verteidiger die ihm überlassene Verfahrensakten allerdings auszuwerten und anhand dessen zu entscheiden, welche Aktenteile für das Mandantengespräch in der Justizvollzugsanstalt von Bedeutung seien. Sämtliche hierfür maßgebende, gerade auch haftspezifischen Umstände seien im Auslagenerstattungsverfahren vorzutragen. Hierzu zählen neben den Zusagen der Staatsanwaltschaft auch, dass die Verfahrensakten durch den Rechtsanwalt vor dem Ausdrucken selbst durchgesehen und vor diesem Hintergrund als für die Verteidigungsvorbereitung bedeutsam angesehen worden seien; schließlich seien Datum und Anzahl tatsächlich durchgeführter oder geplanter Besprechungstermine in der Justizvollzugsanstalt mitzuteilen.

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