§§ 293 Abs. 2, 64 Abs. 3 S. 1 InsO
Leitsatz
- Gegen die Festsetzung der Treuhändervergütung steht nur dem Treuhänder, dem Schuldner und den Gläubigern ein Rechtsmittelrecht zu.
- Der Bezirksrevisor kann nur im Rahmen der Stundung agieren, gegen die Festsetzung der Treuhändervergütung ansonsten steht ihm kein Rechtsmittel zu.
LG Dortmund, Beschl. v. 20.1.2022 – 9 T 6/22
I. Sachverhalt:
Die Staatskasse – namentlich der Bezirksrevisor – hatte gegen einen Beschluss über die Festsetzung der Treuhändervergütung sofortige Beschwerde eingelegt, nachdem das AG eine Treuhändervergütung zunächst zu niedrig, dann im Wege einer Berichtigung neu festgesetzt hatte. Hiergegen wendete sich erfolglos die sofortige Beschwerde. Das Beschwerdegericht verwarf die sofortige Beschwerde mangels Beschwerdeberechtigung der Staatskasse als unzulässig und hatte mithin in materieller Hinsicht die Entscheidung nicht mehr zu überprüfen.
II. Kein Beschwerderecht der Staatskasse
Nach den §§ 293 Abs. 2 und 64 Abs. 3 S. 1 InsO steht dem Treuhänder, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss zu, durch den gem. § 63 Abs. 2 InsO die Vergütung und die Auslagen des Treuhänders festgesetzt worden sind. Da § 64 Abs. 3 S. 1 InsO keine sofortige Beschwerde der Staatskasse vorsieht, steht dieser gegen die Festsetzung der Vergütung des Treuhänders keine Beschwerdemöglichkeit mithilfe der sofortigen Beschwerde zur Verfügung (LG Wuppertal BeckRS 2002,16925; AG Dresden ZIP 2003, 414; Schmidt, Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 9. Aufl., 2021, § 64 Rn 73; Wimmer, Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 9. Aufl., 2018, § 63 Rn 49; MüKo-InsO/Stephan, 4. Aufl., 2019, § 63 Rn 69).
III. Beschwerde nur im Rahmen der Kostenstundung
§ 4d Abs. 2 S. 1 InsO gesteht der Staatskasse das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu. Dieses "greift" jedoch nur im Rahmen der Bewilligung der Kostenstundung. Hinsichtlich der Festsetzung der Vergütung selbst ist aber der Staatskasse ein Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde verwehrt.
IV. Bedeutung für die Praxis
Für die Praxis wird durch das LG Dortmund klargestellt, dass der Kreis der Beschwerdeberechtigten nicht unendlich ausgeweitet werden kann, sondern entsprechend § 64 Abs. 3 InsO die enumerative Aufzählung der Berechtigten greift. Die Staatskasse selbst ist nur im Rahmen der Kostenstundung zu beteiligen. Gegen die Festsetzung "danach", also nach Bewilligung der Stundung, ist ihr folglich ein Mitspracherecht abzusprechen. Folglich ist durch die Staatskasse stets das Vorliegen der Voraussetzungen hier zu prüfen.
1. Intervention der Staatskasse daher im Rahmen der Stundung
Ist der Schuldner eine natürliche Person und hat er einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt, so werden ihm auf Antrag die Kosten des Insolvenzverfahrens bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung gestundet, soweit sein Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um diese Kosten zu decken, § 4a InsO.
Das Gesetz normiert damit verschiedene subjektive und wirtschaftliche Voraussetzungen, wann eine Kostenstundung in Betracht kommt. Will die Staatskasse hier "reagieren", muss es in diesem Stadium intervenieren und die Bewilligungsvoraussetzungen prüfen. Zu diesem Zweck erhält die Staatskasse im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über eine natürliche Person i.V.m. einer bewilligten Stundung stets eine Ausfertigung, um dem rechtlichen Gehör und der Beschwerdeberechtigung gerecht zu werden.
2. Nur natürliche Personen
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll nur natürlichen Personen die Stundung gewährt werden, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Regelinsolvenzverfahren oder um ein Verbraucherinsolvenzverfahren handelt (Vallender NZI 2001, 561, 562; Pape, ZInsO 2001, 587; Jaeger/Eckardt, InsO, 1. Aufl., 2008, § 4a Rn 18).
3. Antrag
Stundung gibt es nur auf einen Antrag hin. Die Kostenstundung wird nicht von Amts wegen bewilligt. Der Antrag soll zusammen mit dem Antrag auf Verfahrenseröffnung und dem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt werden (AG Neumünster ZInsO 2006, 1007; Jaeger/Eckardt, a.a.O., § 4a Rn 43). Der Antrag selbst ist weder frist- (MüKo-InsO/Ganter, § 4a Rn 33; Uhlenbruck/Mock, InsO, 13. Aufl., § 4a Rn 16; Jaeger/Eckardt, a.a.O., § 4a Rn 47) noch formgebunden (BGH ZInsO 2003, 800; Uhlenbruck/Mock, a.a.O., § 4a Rn 16; Jaeger/Eckardt, a.a.O., § 4a Rn 46). Auch ein Formularzwang besteht nicht. Allerdings ist er so rechtzeitig zu stellen, dass im jeweiligen Verfahrensabschnitt noch entschieden werden kann, d.h. die rechtskräftige Entscheidung über einen Verfahrensabschnitt (z.B. Beendigung eines solchen) steht dem Antrag entgegen (Uhlenbruck/Mock, a.a.O., § 4a Rn 16; MüKo-InsO/Ganter, § 4a Rn 33). Für den Antrag auf Kostenstundung ist die Postulationsfähigkeit des Insolvenzschuldners selbst maßgebend (Jaeger/Eckardt, a.a.O., § 4a Rn 40; Uhlenbruck/Mock, a.a.O., § 4a Rn 16). Eine anwaltliche Notwendigkeit besteht nicht (Jaeger/Eckardt, a.a.O., § 4a Rn 40; Uhlenbruck/Mock, a.a.O., § 4a Rn 16).
4. Inhalt
Nach § 4a Abs. 1 S. 3 InsO hat der Schuldner dem Antrag eine Erklärung beizufügen, ob ein Versagungsgrund des § 290 Ab...