1. Tendenz in der Rechtsprechung

M.E. legt der BGH überzeugend dar, warum der anwaltliche Berufsbetreuer hier zur elektronischen Übermittlung verpflichtet war. Die Entscheidung liegt damit auf der Linie der Rspr. des BGH in vergleichbaren anderen Fällen, wenn Rechtsanwälte in einem Verfahren nicht im sog. anwaltlichen Erstberuf tätig sind. Das OLG Hamm hat i.Ü. inzwischen die Anwendbarkeit des § 32d S. 2 StPO auf den sich selbst verteidigenden Rechtsanwalt bejaht (Beschl. v. 20.7.2023 – 4 ORs 62/23). Für den Bereich des Bußgeldverfahrens hat das OLG Brandenburg (Beschl. v. 13.6.2022 – 1 OLG 53 Ss-OWi 149/22) – allerdings ohne nähere Begründung – entschieden, dass auch der sich selbst im Bußgeldverfahren verteidigende Rechtsanwalt, Rechtsbeschwerde und ihre Begründung als elektronisches Dokument übermitteln muss, wenn sie Wirksamkeit entfalten sollen. Als Rechtsanwalt nutzt man daher am besten in allen Fällen die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung.

2. Vergütungsantrag des anwaltlichen Betreuers

Ergänzend hat der BGH darauf hingewiesen, dass der Vergütungsantrag des anwaltlichen Betreuers nicht als elektronisches Dokument eingereicht werden muss (insoweit auch LG Hildesheim NJW-RR 2022, 1518, 1519). Der Vergütungsantrag des Betreuers nach § 292 Abs. 1 FamFG unterliege, auch wenn mit ihm das Vergütungsfestsetzungsverfahren eingeleitet wird, vorbehaltlich (bislang nicht bestehender) abweichender landesrechtlichen Bestimmungen über die Verpflichtung zur Benutzung von Vordrucken (§ 292 Abs. 6 FamFG) keinem zwingenden Schriftformerfordernis. Nach § 25 Abs. 1 FamFG können Anträge und Erklärungen gegenüber dem zuständigen Gericht schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle abgegeben werden, soweit eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht notwendig ist. Werden verfahrenseinleitende Anträge nicht zur Niederschrift der Geschäftsstelle, sondern schriftlich abgegeben, hängt deren Wirksamkeit – anders als nach § 64 Abs. 2 S. 3 und 4 FamFG bei bestimmenden Schriftsätzen im Beschwerdeverfahren – nicht von der Beachtung zwingender Formvorschriften ab (vgl. § 23 FamFG), zu denen § 14b Abs. 1 FamFG für Rechtsanwälte hinzutreten könnte. Auch die Gesetzesmaterialien gehen davon aus, dass für den Großteil von Anträgen und Erklärungen in Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit kein Schriftformerfordernis besteht und diese deshalb dem § 14b Abs. 2 FamFG unterfallen (BT-Drucks 19/28399, 40). Der Betreuer darf seinen Vergütungsantrag deshalb auch dann in gewöhnlicher Schriftform stellen, wenn er als Rechtsanwalt zugelassen ist. Er ist in diesem Fall allerdings verpflichtet, auf Anforderung des Gerichts ein elektronisches Dokument nachzureichen (§ 14b Abs. 2 S. 2 FamFG).

3. RVG

Für den Bereich des RVG ist § 12b RVG zu beachten. Nach dessen S. 1 gilt für alle Verfahren nach dem RVG, also vor allem die Festsetzungsverfahren nach §§ 11, 32, 33, 55 RVG, die Rechtsmitteilverfahren nach §§ 12a, 33 RVG und das Bewilligungsverfahren nach § 51 RVG die für das jeweilige Hauptsachverfahren, für das der Rechtsanwalt seine Vergütung geltend macht, geltenden verfahrensrechtlichen Vorschriften über das elektronische Dokument, also z.B. §§ 130a ff., 298, 298a ZPO, §§ 46c ff. ArbGG, § 55a VwGO und §§ 32a ff. StPO.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 10/2023, S. 470 - 473

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