Nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 4100, Nrn. 5100 und 6200 VV entsteht die Grundgebühr neben der Verfahrensgebühr für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall nur einmal, unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt sie erfolgt.
Die Einfügung von "neben der Verfahrensgebühr" ist durch das 2. KostRMoG zum 1.8.2013 vorgenommen worden. Grund hierfür war, dass in Rspr. und Lit. das Verhältnis der Grundgebühr Nr. 4100 VV zur jeweiligen Verfahrensgebühr umstritten und nicht eindeutig geklärt war. Teilweise ist unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zur Grundgebühr Nr. 4100 VV und den dort beschriebenen eigenen Abgeltungsbereich der Grundgebühr die Auffassung vertreten worden, dass die Verfahrensgebühr erst entsteht, wenn der Abgeltungsbereich der Grundgebühr überschritten worden ist. Teilweise ist aber auch davon ausgegangen worden, dass die Grundgebühr immer neben der Verfahrensgebühr entsteht, da es sich bei dieser um eine "Betriebsgebühr" handelt.
Der Gesetzgeber ist im Rahmen des 2. KostRMoG der letzten Auffassung gefolgt und hat durch die Einfügung von "neben der Verfahrensgebühr" klargestellt, dass die Grundgebühr "den Charakter einer Zusatzgebühr hat, die den Rahmen der Verfahrensgebühr erweitert". Die Formulierung verdeutlicht, dass die Grundgebühr grds. nicht allein anfällt, sondern regelmäßig neben einer Verfahrensgebühr. Für die Tätigkeit in einem jeden gerichtlichen Verfahren entsteht eine Verfahrensgebühr als Ausgangsgebühr. Durch sie wird bereits die Information als Bestandteil des "Betreibens des Geschäfts" entgolten (Vorbem. 4 Abs. 2 VV). Die Grundgebühr soll den zusätzlichen Aufwand entgelten, der für die erstmalige Einarbeitung anfällt und hat daher den Charakter einer Zusatzgebühr, die den Rahmen der Verfahrensgebühr erweitert.
Unabhängig davon, ob die Grundgebühr vor diesem Hintergrund noch als Gebühr mit einem eigenen Abgeltungsbereich angesehen werden kann, erscheint es jedenfalls erwägenswert, die Grundgebühren zu streichen und den Gebührenrahmen sowie die Festbeträge der Verfahrensgebühren zu erhöhen. Hierdurch würden insbesondere auch Probleme beseitigt, die sich aus dem Charakter der Grundgebühr als personenbezogene und nicht verfahrensbezogene Gebühr (§ 15 Abs. 2 RVG) ergeben.
https://www.juris.de/perma?d=jzs-AGS-2023-10-002-433
Autor: Dipl.-RPfleger Joachim Volpert, Willich
AGS 10/2023, S. 433 - 444