1. Das Beschwerdegericht hat – soweit hier von Interesse – zur Begründung ausgeführt:
Die Anrechnung einer Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV komme hier nicht in Betracht, weil zwischen der Beklagten und ihrem Prozessesbevollmächtigten keine Geschäftsgebühr i.S.d. Anrechnungsvorschrift entstanden sei. Die Beklagte schulde ihrem Prozessbevollmächtigten für sein vorprozessuales Tätigwerden vielmehr unwiderlegt ein von einzelnen Aufträgen unabhängiges Pauschalhonorar. Ein derart aufgrund einer Vergütungsvereinbarung geschuldetes Honorar falle jedoch nicht unter die genannte Anrechnungsvorschrift. Das benachteilige den Kläger auch nicht unangemessen, da die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, ihn durch Erteilung eines zusätzlichen Auftrags, der eine auf die Verfahrensgebühr anzurechnende Geschäftsgebühr ausgelöst hätte, (kostenmäßig) zu entlasten.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Das Beschwerdegericht geht in Übereinstimmung mit der mittlerweile einhelligen Auffassung der Oberlandesgerichte (OLG Frankfurt AnwBl 2009, 310, 311; AGS 2009, 157 f.; OLG Bremen AGS 2009, 215 f.; OLG München, Beschl. v. 24.4.2009–11 W 1237/09; OLG Stuttgart AGS 2009, 214, 215) und der gebührenrechtlichen Kommentarliteratur (Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 18. Aufl., VV 2300, 2301, Rn 39; AnwK-RVG/Rick, 4. Aufl., § 4 Rn 12) davon aus, dass es sich bei einer vereinbarten Vergütung (§ 3a RVG, gem. § 60 Abs. 1 S. 1 RVG bis 30.6.2008 § 4 RVG in der Fassung des KostRMoG, im Folgenden: § 4 RVG a.F.) nicht um eine (gesetzliche) Geschäftsgebühr nach Nrn. 2300–2303 VV handelt. Soweit das OLG Stuttgart (AGS 2008, 510) zunächst eine gegenteilige Sichtweise vertreten hat, ist diese ausdrücklich aufgegeben worden (AGS 2009, 214, 215).
b) Der hiervon abweichenden Auffassung der Rechtsbeschwerde, auf die Verfahrensgebühr sei diejenige Geschäftsgebühr anzurechnen, die ungeachtet abweichender Gebührenvereinbarungen nach der gesetzlichen Regelung (fiktiv) entstanden wäre, um auf diese Weise eine Gleichbehandlung mit denjenigen Fällen zu erreichen, in denen eine erstattungsberechtigte Partei ihren Prozessbevollmächtigten bereits mit der vorprozessualen Tätigkeit beauftragt hat, kann nicht gefolgt werden.
aa) Bereits nach ihrem Wortlaut ordnet die Vorbem. 3 Abs. 4 VV nur die Anrechnung entstandener Geschäftsgebühren nach Nrn. 2300–2303 VV auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens an. Zu den hier aufgezählten gesetzlichen Gebühren rechnet eine Pauschalvergütung nach § 4 RVG a.F., die für das vorprozessuale Tätigwerden des Rechtsanwalts allein angefallen ist, aber nicht. Vielmehr schuldet der Auftraggeber des Rechtsanwalts die gesetzliche Gebühr nur dann, wenn keine (wirksame) Vereinbarung über die von ihm zu entrichtende Vergütung getroffen ist (Gerold/Schmidt/Madert, a.a.O., § 1 RVG Rn 212).
bb) Auch sachlich unterscheidet sich die in Rede stehende Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV von der vereinbarten Pauschalvergütung. Während die Geschäftsgebühr nach Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags entsteht, und zwar mit Erbringung der ersten Dienstleistung des Gebührentatbestandes (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.1986 – III ZR 67/85, NJW 1987, 315; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Aufl., § 1 Rn 10; AnwK-RVG/Rick, a.a.O., § 1 Rn 28, jeweils m.w.N.), kann eine vereinbarte Pauschalvergütung, die nach § 4 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 RVG a.F. höher oder niedriger als die gesetzliche Vergütung sein kann, für die Entstehung der Vergütung sowie zu Art und Umfang der hierdurch zu vergütenden Tätigkeiten anders anknüpfen. Insbesondere kann einer Pauschalvergütung ein anderes Verständnis der Angelegenheit i.S.v. §§ 16 ff. RVG zugrunde gelegt und die Vergütung auch für ein – wie hier – Dauerberatungsmandat vereinbart werden, also die Erledigung einer bestimmten Anzahl oder sämtlicher Rechtssachen eines Mandanten mit einer Vergütung nach unterschiedlich gestalteten Mengen- oder Zeitabschnittspauschalen (vgl. AnwK-RVG/Rick, a.a.O., § 3a Rn 56; Hansens, BRAGO, 8. Aufl., § 3 Rn 28). Ein vertraglich vereinbartes Pauschalhonorar, das sich wesentlich vom gesetzlichen Gebührentatbestand unterscheidet, lässt sich deshalb mit den ansonsten anfallenden gesetzlichen Gebühren bereits strukturell nicht vergleichen (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.1986, a.a.O.). Das gilt hier um so mehr, als sich bei einer vereinbarten Pauschalvergütung in der Regel auch kaum ermitteln lässt, welcher Anteil einer anzurechnenden gesetzlichen Geschäftsgebühr entsprechen würde (OLG München a.a.O.; AnwK-RVG/Rick, a.a.O., § 4 Rn 12; Hansens, a.a.O.).
cc) Einer erweiternden Auslegung der Anrechnungsbestimmung gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV steht weiter entgegen, dass es bereits für die vorausgegangene Anrechnungsbestimmung des § 118 Abs. 2 BRAGO allgemeiner Auffassung entsprochen hat, dass von einer Anrechnung nur die im Gesetz bestimmte Gebühr, nicht dagegen Gebühren...