RVG VV Nrn. 1008, 3100
Leitsatz
- Im Prozess gegen eine BGB-Gesellschaft findet eine Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren wegen der Vertretung mehrerer Auftraggeber nicht statt.
- Ob nur die BGB-Gesellschaft verklagt worden ist oder (auch) die Gesellschafter, ist durch Auslegung aus der Sicht des Empfängers der prozessualen Erklärung zu ermitteln.
LAG Hessen, Beschl. v. 8.6.2009–13 Ta 230/09
1 Aus den Gründen
Zu Recht hat der Rechtspfleger die der Beklagten vom Kläger zu erstattenden Kosten nur auf 2.307,31 EUR nebst Zinsen festgesetzt.
Den Mehrbetrag zu den begehrten 3.439,71 EUR = 583,20 EUR kann die Beklagte nicht vom Kläger erstattet verlangen, denn die Beklagte kann von dem Kläger weder für die Verfahrensgebühr, die vor dem LAG entstanden ist, noch für die vor dem BAG entstandene Verfahrensgebühr den begehrten zweimaligen 0,3-fachen Zuschlag für die Vertretung zweier weiterer Personen verlangen (Nr. 1008 VV).
Die Beklagte war nur als BGB-Gesellschaft verklagt und nicht (auch) ihre Gesellschafter. Dies ergibt das oben aufgeführte Klagerubrum zweifelsfrei. Es beschreibt als Beklagte allein die "Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der Bezeichnung "A" mit den Gesellschaftern ..." Dieses Passivrubrum hat sich durch die Instanzen nie wesentlich verändert. Ob mehrere Gesellschafter oder allein die Gesellschaft verklagt sind, richtet sich aber nach dem Rubrum und nicht, wie die Beklagte offenbar meint, danach, wer richtigerweise hätte verklagt werden müssen (KG RVGreport 2007, 102 [= AGS 2007, 556]). Maßgeblich ist die Sicht des Empfängers der prozessualen Erklärung (BGH NJW 2006, 3715). Die Beklagte konnte im vorliegenden Fall das Passivrubrum nur so verstehen, dass allein die zitierte BGB-Gesellschaft verklagt sein sollte und kein anderer, insbesondere nicht die benannten Gesellschafter selbst.
Der Kläger konnte auch die BGB-Gesellschaft verklagen. Nach der rechtsfortbildenden Entscheidung des BGH (NJW 2001, 1056; ihm folgend BAG NJW 2005, 1004) ist die nach außen bestehende BGB-Gesellschaft rechtsfähig und – jedenfalls insoweit – im Zivilprozess partei- und prozessfähig.
Gebührenrechtliche Konsequenz dieser Rspr. ist, dass im Prozess gegen eine BGB-Gesellschaft eine Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren wegen der Vertretung mehrerer Auftraggeber nicht stattfindet (so schon gem. § 6 BRAGO: BGH AnwBl 2004, 251; zum RVG: OLG Stuttgart NJW-RR 2006, 1005; OLG Köln JurBüro 2006, 248; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 90 Rn 13 Stichwort "Gesellschaft bürgerlichen Rechts"; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 18. Aufl. 2008, VV 1008 Rn 62 ff.).
Zu Recht hat also der Rechtspfleger die fraglichen Mehrbeträge nicht festgesetzt.