Die zulässige sofortige Beschwerde (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 und 4 RVG) der Antragstellerin ist begründet. Die Erinnerung der Antragsgegnerin gegen die Vergütungsfestsetzung v. 30.10.2008 ist unbegründet. Der Antragstellerin steht Vergütung in Höhe von 868,22 EUR zu.
Der Anspruch der Antragstellerin auf Vergütung in Höhe einer 1,3-fachen Verfahrensgebühr gem. §§ 45 Abs. 1, 49 RVG, Nr. 3100 VV ist nicht durch Anrechnung der für die außergerichtliche Vertretung erhaltenen hälftigen Geschäftsgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV erloschen.
a) Die allgemeinen Vorschriften zur Anrechnung gelten auch für die Vergütung des Rechtsanwaltes, der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet ist (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 11.5.2010 – 2 WF 33/10 [= AGS 2010, 329]; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Rn 35 zu § 58 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zu § 55 Abs. 5 S. 2 RVG in BT-Drucks 16/12717, S. 59 und m. w. Nachw. aus der Rspr.). Damit gilt grundsätzlich auch Vorbem. 3 Abs. 4 VV im Verhältnis zwischen der Staatskasse und dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt ebenso wie der diese Anrechnungsbestimmung flankierende § 15a RVG.
b) § 15a RVG ist auch hier anwendbar. Der Senat hat sich durch Beschl. v. 11.2.2011 – 6 W 85/09, der nunmehr einheitlichen Rspr. der Senate des BGH angeschlossen, nach der § 15a RVG die Gesetzeslage lediglich klarstellt und somit auch anzuwenden ist, wenn der Erstattungsberechtigte seinen Prozessbevollmächtigten den Auftrag zur Vertretung vor dem 5.8.2009, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift, erteilt hat (vgl. zuletzt Beschl. v. 10.8.2010 – VIII ZB 15/10; v. 13.9.2010 – IV ZB 42/09; v. 15.9.2010 – IV ZB 3/08; v. 28.9.2010 – XI ZB 7/10). Seine gegenteilige, im Beschl. v. 6.9.2010 – 6 W 158/09, vertretene Auffassung hat der Senat aufgegeben.
c) Die weitere Voraussetzung der Anrechnung der Geschäftsgebühr Vorbem. 3 Abs. 4 VV, § 15a RVG auf die Verfahrensgebühr gem. §§ 45 Abs. 1, 49 RVG, Nr. 3100 VV ist gegeben; die Geschäftsgebühr ist der Antragstellerin gezahlt worden.
aa) Anzurechnen ist auf die Vergütung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwaltes nur bei Zahlung auf die Geschäftsgebühr (OLG Zweibrücken, a.a.O.; Müller-Rabe, a.a.O., Rn 36 zu § 58; Schneider, in: Schneider/Wolf, RVG, 5. Aufl., Rn 25 zu § 15a; Kindermann, FPR 2010, 353 f.; Enders, JurBüro 2009, 398 und 2010, 3, 59). Das ergibt sich aus § 55 Abs. 5 S. 2-4 RVG, der auch für die Geschäftsgebühr gilt. § 55 Abs. 5 RVG wurde im Zusammenhang mit der Einfügung des die Anrechnung der Geschäftsgebühr regelnden § 15a RVG modifiziert. Aus der Gesetzesbegründung zur Modifizierung des § 55 Abs. 5 S. 2 RVG ergibt sich, dass der Urkundsbeamte in die Lage versetzt werden soll, die Anrechnungen vorzunehmen. Das betrifft auch den in der Praxis am häufigsten vorkommenden Fall der Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr. Sieht § 55 Abs. 5 S. 2-4 RVG jedoch auch hinsichtlich der Geschäftsgebühr nur eine Anzeige von Zahlungen vor, so bringt das Gesetz dadurch zum Ausdruck, dass für Anrechnungen nur bezahlte Gebühren bedeutsam sind. Wäre es anders, müsste der Urkundsbeamte zu einer vollständigen Anrechnung schon angefallene Gebühren generell kennen und müssten deshalb solche Angaben vom beigeordneten Anwalt verlangt werden.
bb) Der Antragstellerin ist die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr vom Kläger durch Verrechnung eines Erstattungsbetrages in anderer Sache gezahlt worden.
d) Der anzurechnende Teil der der Antragstellerin gezahlten Geschäftsgebühr ist gem. § 58 Abs. 2 RVG jedoch nicht auf die gem. § 49 RVG zu berechnende Verfahrensgebühr, sondern zunächst auf die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung und der Prozesskostenhilfevergütung anzurechnen. Denn § 58 Abs. 2 RVG geht als Spezialvorschrift für die Vergütung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts der zum allgemeinen Gebührenrecht gehörenden Vorschrift des § 15a RVG vor.
aa) Nach § 58 Abs. 2 RVG sind jegliche Zahlungen, die der Rechtsanwalt erhalten hat, zunächst auf die Vergütungen anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 50 RVG besteht. Das betrifft also auch Zahlungen auf die Geschäftsgebühr (so auch OLG Braunschweig, Beschl. v. 22.3.2011 – 2 W 18/11; OLG Zweibrücken, a.a.O., Rn 26; OLG München, Beschl. v. 10.12.2009 – 11 W 2649/09; Müller-Rabe, a.aO., Rn 43 zu § 58; Schneider, a.a.O., Rn 25 zu § 15a; Kindermann, a.a.O., 353 f.). Dass § 58 Abs. 2 RVG einschränkend nicht auf alle Zahlungen, insbesondere nicht auf Zahlungen auf die Geschäftsgebühr anwendbar sein sollte, ist dem RVG nicht zu entnehmen.
bb) Für eine Verrechnung von Zahlungen nach § 58 Abs. 2 RVG kommt es auch nicht darauf an, ob diese vor oder nach Stellung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe geleistet worden sind. Deshalb hat der Rechtsanwalt nicht nur gem. § 55 Abs. 5 S. 2 RVG anzugeben, ob und welche Zahlungen er bis zum Tag der Antragstellung e...